Wissenswertes 2006

Kindergeldverrechnung beim Volljährigenunterhalt

Bundesgerichtshof, Urteil vom 26.10.2005
Das Kindergeld wird in voller Höhe auf den Unterhaltsbedarf des volljährigen Kindes angerechnet.
Auf den Unterhaltsbedarf des volljährigen Kindes ist seine - um eine Ausbildungspauschale verminderte – Ausbildungsvergütung und das Kindergeld im vollen Umfang bedarfsdeckend anzurechnen. Beides gilt auch dann, wenn das Kind noch im Haushalt eines Elternteils lebt, der mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltsverpflichtet ist.

Anmerkung:
Die Ausbildungsvergütung, die ein volljähriges Kind erhält, ist als Einkommen zu berücksichtigen und deswegen – nach Abzug berufsbedingten Mehrbedarfs – in voller Höhe bedarfsmindernd anzurechnen.
Die Ausbildungsvergütung verringert die Bedürftigkeit des mit Volljährigkeit nur noch barunterhaltsberechtigten Kindes somit in vollem Umfang. Bei Volljährigkeit ist gerade kein Betreuungsunterhalt mehr geschuldet, d. h. werden von dem Elternteil, bei dem das volljährige Kind lebt, gleichwohl Betreuungsleistungen erbracht, stellen sich diese als freiwillige Leistungen dar, die unterhaltsrechtlich unberücksichtigt bleiben müssen. Es ist daher zunächst die Nettoausbildungsvergütung des volljährigen Kindes zu ermitteln.

Von der Ausbildungsvergütung des volljährigen Kindes ist nach den Süddeutschen Leitlinien eine Ausbildungspauschale in Abzug zu bringen.

Neben der Ausbildungsvergütung ist auch das volle Kindergeld nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs auf den Bedarf des Kindes anzurechnen.

Eine hälftige Teilung des Kindergeldes zwischen dem barunterhaltsverpflichteten Elternteil und dem „betreuenden“, in der Regel nicht leistungsfähigen Elternteil wird abgelehnt.
Es macht dabei auch keinen Unterschied, ob es sich dabei um ein volljähriges unverheiratetes Kind bis zum 21. Lebensjahr handelt, das noch eine allgemeine Schulausbildung absolviert, und somit als privilegierter Volljähriger gilt, oder ob ein volljähriges unterhaltsberechtigtes Kind während der Ausbildung eine eigene Wohnung unterhält.

Denn auch in diesen Fällen soll das Kindergeld nur den allein unterhaltspflichtigen Elternteil entlasten. Schutzwürdige Interessen des nicht leistungsfähigen Elternteils oder des volljährigen Kindes an einer Teilanrechnung verneint.

Pflichtteilsrecht
Seit längerer Zeit werden die Berechtigung des deutschen Pflichtteilsrechts und eine eventuelle Modernisierung des Instituts des Pflichtteilsrechts diskutiert.

Im Jahr 2005 hat das Bundesverfassungsgericht in zwei grundlegenden Entscheidungen die Verfassungsgemäßheit des Pflichtteilsrechts bestätigt: „Die grundsätzlich unentziehbare und bedarfsunabhängige wirtschaftliche Mindestbeteiligung der Kinder des Erblassers an dessen Nachlass wird durch die Erbrechtsgarantie des Art. 14 I 1 GG i. V. m. Art. 6 I GG gewährleistet“.

Das Bundesverfassungsgericht hat in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass es sich beim Pflichtteils-recht um ein Kernelement des deutschen Erbrechts handelt, das letztlich die familiäre Verantwortlichkeit füreinander unter den verfassungsrechtlichen Schutz stellt. Gerade auch in Fällen der Entfremdung und Zerrüttung setze das Pflichtteilsrecht der Testierfreiheit und damit den Bestrafungsmöglichkeiten des Erblassers notwendige Grenzen.

Insbesondere für nicht eheliche Kinder komme der Gesetzgeber mit den Pflichtteilsregelungen sogar einem Schutzauftrag nach. Eine allgemeine Entfremdungs- oder Zerrüttungsklausel widerspreche diesen verfassungsrechtlichen Gegebenheiten.

Trotz dieser Entscheidungen bestehen weiterhin Bestrebungen das Pflichtteilsrecht zu reformieren. Über die Entwicklung werden wir berichten.

Dr. Vanessa Hohenbleicher
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Familienrecht


Konfirmationskosten kein Sonderbedarf

BGH-Urteil vom 15.02.2006

Aufwendungen im Zusammenhang mit einer Konfirmation, hier für die Konfirmationsfeier und eine Konfirmandenfahrt, stellen keinen Sonderbedarf dar, weil sie absehbar und somit nicht überraschend im Sinne von § 1613 II Nr. 1 BGB sind. 

Sachverhalt:
Ein unterhaltsberechtigtes Kind machte im vorliegenden Fall gegen den unterhaltsverpflichteten Vater Kosten einer Konfirmationsfeier (361,00 €) und einer Konfirmandenfahrt (150,00 €) geltend. Das Gericht hatte hier jeweils zu prüfen, ob diese Kosten neben dem laufenden Kindesunterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle als sog. Sonderbedarf zusätzlich verlangt werden könnten.

Das Gericht hat dies im Ergebnis abgelehnt und festgestellt, dass Konfirmationskosten keinen Sonderbedarf darstellen. 

Sonderbedarf, sog. „unregelmäßiger außergewöhnlicher hoher Bedarf“, liegt nach Auffassung des Bundesgerichtshofs nur dann vor, wenn es sich um einen Bedarf handelt, der überraschend und der Höhe nach nicht ab- schätzbar auftritt und somit nicht bei der laufenden Unterhaltsrente berücksichtigt werden konnte.

Die Kosten für eine Konfirmation seien aber spätestens mit Beginn des Konfirmandenunterrichts absehbar und deshalb nicht überraschend.


Dr. Vanessa Hohenbleicher 
Claudia Seidl 
Fachanwältinnen für Familienrecht