NICHTEHELICHE LEBENSGEMEINSCHAFT − DAMALS WIE HEUTE PROBLEMATISCH?

In den vergangenen Jahrzehnten hat sich die nichteheliche Lebenspartnerschaft nicht nur im Kontext homosexueller Beziehungen, sondern auch im Bereich heterosexueller Partnerschaften bedeutend weiterentwickelt. Von anfänglicher rechtlicher Nichtanerkennung bis hin zu umfassenden gesetzlichen Regelungen und Schutzmaßnahmen hat sich die rechtliche Landschaft für nichteheliche Lebensgemeinschaften erheblich verändert.

Ursprünglich wurden nichteheliche heterosexuelle Partnerschaften, weitläufig auch als „wilde Ehe“ bezeichnet, zumeist als informell angesehen und genossen nur begrenzten oder keinen rechtlichen Schutz. Gleichgeschlechtliche Partnerschaften konnten in Deutschland sogar noch bis ins Jahr 1994 strafrechtlich verfolgt werden. Diese veralteten Lebensanschauungen konnten zwischenzeitlich weitgehend abgelegt werden.

Für homosexuelle Paare wurde in Deutschland im Jahr 2001 die Eintragung einer nichtehelichen Lebenspartnerschaft eingeführt. Diese gewährte sehr ähnliche Rechte und einen ähnlichen Schutz der Partner wie die „klassische“ Ehe. Seit dem Jahr 2017 gibt es nun auch in Deutschland die „Ehe für alle“, also für alle Paare ganz unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung. Es wird somit auch in der Bezeichnung der rechtlichen Verbindung keine Differenzierung mehr zwischen heterosexuellen und gleichgeschlechtlichen Paaren vorgenommen.

In den letzten Jahrzehnten begann sich glücklicherweise auch die gesellschaftliche Wahrnehmung von nichtehelichen Partnerschaften zu ändern. Auch unverheiratete Paare werden inzwischen jedenfalls gesellschaftlich anerkannt. Dieser gesellschaftlichen Anerkennung haben jedoch nach wie vor noch rechtliche Fortschritte zu folgen.

Rechtlich gesehen führt eine Beziehung von nicht Verheirateten bis heute noch zu erheblichen Unsicherheiten und Ungleichheiten in Bereichen wie Eigentumsrechten, Erbrecht, Unterhaltsansprüchen und dem Sorgerecht für Kinder.

Paare, die nicht verheiratet sind, können ihre Ansprüche grundsätzlich auch ohne Eheschließung durch verschiedene rechtliche Mechanismen sichern:

  • Partnerschaftsvertrag: Durch das Aufsetzen eines notariellen Partnerschaftsvertrags können Paare ihre gegenseitigen Rechte und Pflichten festlegen. Dies kann Fragen wie Eigentumsrechte, finanzielle Verantwortlichkeiten und Unterhaltsregelungen abdecken.Testamente: Durch die Erstellung von Testamenten können Partner*innen sicherstellen, dass ihr Vermögen gemäß ihren Wünschen verteilt wird. Die hohen steuerlichen Freibeträge sind aber dennoch weiterhin nur verheirateten Paaren vorbehalten.
  • Vorsorgevollmachten: Durch die Erteilung von Vorsorgevollmachten können Partner*innen sicherstellen, dass sie im Falle von Krankheit oder (Geschäfts-)Unfähigkeit die rechtlichen Entscheidungen füreinander treffen können.
  • Versicherungen: Das Hinzufügen des*der Partner*in als Begünstigte* auf Versicherungspolicen wie Lebensversicherungen oder Rentenkonten kann sicherstellen, dass des*der Partner*in im Todesfall abgesichert ist.
  • Vaterschaftsanerkennung: Für Kinder, welche außerhalb einer Ehe geboren werden, muss die Vaterschaft aktiv anerkannt werden. Um eine gemeinsame elterliche Sorge auszuüben, muss eine gemeinsame Sorgeerklärung der Eltern abgegeben werden.

Es fehlt jedoch bis heute an einem einheitlichen rechtlichen Konstrukt für Paare, die schlicht nicht heiraten möchten. Eine rechtliche Beziehungsform außer der Ehe, welche die obig benannten Themenkomplexe bereits umfassend regelt, existiert nicht. Neue Formen von Beziehungen und Familienstrukturen erfordern jedoch auch neue rechtliche Lösungen, um sicherzustellen, dass alle Beziehungsformen vergleichbar behandelt werden. Derzeit müssen unverheiratete Paare noch sämtliche Themenkomplexe separat beleuchten und bei Bedarf über verschiedene Mechanismen regeln.

Vollkommen außen vor gelassen werden hier aber nach wie vor insbesondere homosexuelle Paare mit Kindern. Die Debatte um eine rechtliche CoMutterschaft zum Beispiel hält seit mehreren Jahren an, eine Lösung dieses komplexen Sachverhaltes ist leider nach wie vor nicht absehbar.

Insgesamt spiegelt die Entwicklung der nichtehelichen Lebenspartnerschaft, sowohl im heterosexuellen als auch im homosexuellen Kontext, eine wachsende Anerkennung und Akzeptanz dieser Form von Beziehung wider, auch wenn es noch viel Raum für weitere rechtliche Gleichstellung und Fortschritte gibt.

Carolin Hölscheidt, Rechtsanwältin


HÄUSLICHE GEWALT

Anstieg häuslicher Gewalt in Deutschland im Jahr 2023 um 6,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr

Das neue Lagebild Häusliche Gewalt, das am 07.06.2024 von Bundesinnenministerin Nancy Faeser, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Lisa Paus und der Vizepräsidentin beim Bundeskriminalamt Martina Link vorgestellt wurde, zeigt in Deutschland einen Anstieg häuslicher Gewalt im Jahr 2023 um 6,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Das Lagebild Häusliche Gewalt ist eine Fortschreibung und Ergänzung der früheren Kriminalistischen Auswertung Partnerschaftsgewalt, die seit 2015 jährlich durch das Bundeskriminalamt veröffentlicht wurde.
256.276 Menschen in Deutschland wurden 2023 Opfer häuslicher Gewalt, davon sind 70,5 Prozent weiblich.

Das deutsche Rechtssystem bietet einige Schutzmaßnahmen.

In akuten Fällen ist die Polizei jederzeit erreichbar und kann sofortige Schutzmaßnahmen in Form eines Platzverweises und eines Kontaktverbotes aussprechen.

Längerfristige Abhilfe kann durch einen Gewaltschutzbeschluss erreicht werden, der Wohnungszuweisungen und Kontaktbeschränkungen vorsieht. Das Gewaltschutzgesetz (GewSchG) ist ein bedeutendes Instrument im Kampf gegen Gewalt, insbesondere häusliche Gewalt, in Deutschland. Anordnungen nach dem Gewaltschutzgesetz werden auf sechs Monate befristet.

Für verheiratete Paare besteht die Möglichkeit einer Wohnungszuweisung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch.

Darüber hinaus können bei betroffenen Kindern sorgerechtliche Maßnahmen eingeleitet werden. Die Frage, ob und in welchem Umfang ein gewalttätiger Elternteil sein Umgangsrecht ausüben darf, unterliegt einer gesonderten Prüfung.

Zudem besteht nebenher die Möglichkeit der Erstattung einer Strafanzeige oder Stellung eines Strafantrages. Die strafrechtlichen Ermittlungen erfolgen unabhängig von den Verfahren vor den Familiengerichten.

Opfer von Gewalt sollten Vorfälle dokumentieren (mit genauer Angabe von Datum, Uhrzeit, Ort und Art des Vorfalls) und Beweise sichern, um ihrer Darlegungs- und Beweispflicht hinreichend nachzukommen. Dies ist insbesondere bei psychischer Gewalt zu beachten, da dies schwieriger nachzuweisen ist.

Auch Verstöße gegen einen bereits erlassenen Gewaltschutzbeschluss sollten detailliert dokumentiert werden. Verstöße gegen die angeordneten Schutzmaßnahmen sind strafbar. Personen, die gegen diese Anordnungen verstoßen, können mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe belangt werden. Darüber hinaus können Verstöße gegen die Schutzanordnungen auch zur Verhängung zivilrechtlicher Ordnungsmitteln führen, in Form von Ordnungsgeld oder Ordnungshaft, falls das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann.

Jessica Chaaban, Rechtsanwältin
und
Ina Müller vom Berge, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Familienrecht


GETRENNT UND DOCH GEMEINSAM — DIE GEMEINSAME ELTERLICHE SORGE TROTZ TRENNUNG UND SCHEIDUNG

Nach deutschem Recht haben verheiratete Eltern gemäß § 1626 Abs. 1 Satz 1 BGB grundsätzlich gemeinsam die Pflicht und das Recht, für ihr minderjähriges Kind zu sorgen. Für nicht verheiratete Eltern ist es erforderlich, eine gemeinsame Sorgerechtserklärung beim Jugendamt oder einem Notar abzugeben, um gemeinsam die elterliche Sorge ausüben zu können. Falls diese nicht einvernehmlich erklärt werden kann, besteht auch die Möglichkeit, die Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge gerichtlich zu beantragen. Das Familiengericht wird einem solchen Antrag entsprechen, wenn die Übertragung dem Kindeswohl nicht widerspricht. Dabei wird bereits gesetzlich vermutet, dass die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl am ehesten entspricht und dies dem Kindeswohl zuträglich ist.

Die elterliche Sorge umfasst sowohl die Personen- als auch die Vermögenssorge sowie die Vertretung des Kindes in persönlichen Angelegenheiten. Dazu gehören unter anderem Entscheidungen über die Ausbildung und den Berufsweg des Kindes (einschließlich Kindergarten, Schule und Ausbildung), planbare medizinische Eingriffe, Aufenthaltswechsel, Taufe, Kontoeröffnung und Urlaube.

Doch was passiert nun im Falle einer Trennung oder Scheidung der Eltern?

Auch im Falle einer Trennung oder einer rechtskräftigen Scheidung bleibt die gemeinsame elterliche Sorge sowohl für verheiratete als auch für nicht verheiratete Eltern bestehen. Die Eltern sind dann trotz gescheiterter Beziehung weiterhin verpflichtet und berechtigt, Entscheidungen des Kindes gemeinsam zu treffen.

Falls eine gemeinsame Entscheidungsfindung nicht mehr möglich ist, kann ein Elternteil die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge oder die Übertragung einzelner Teile der elterlichen Sorge bei dem zuständigen Familiengericht beantragen.

Im Rahmen eines solchen Verfahrens wird eine doppelte Kindeswohlprüfung durch das Gericht erfolgen. Es muss zunächst festgestellt werden, ob eine gemeinsame elterliche Sorge dem Wohl des Kindes entspricht. Sollte dies nicht der Fall sein, wird im nächsten Schritt geprüft, ob die Übertragung der elterlichen Sorge auf einen Elternteil im besten Interesse des Kindes liegt. Dabei werden verschiedene Kriterien wie der Kontinuitätsgrundsatz, die Bindungen des Kindes, der Kindeswille und der Förderungsgrundsatz berücksichtigt.

Beispiele für Umstände, die zur Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge führen können, sind unter anderem schwere Gewaltanwendungen gegenüber dem anderen Elternteil oder dem Kind, Misshandlungen, Vernachlässigung, Suchterkrankungen eines Elternteils. Die Rechtsprechung ist insbesondere im Hinblick auf das grundrechtlich geschützte Elternrecht nach Art. 6 GG eher zurückhaltend. So hat das Oberlandesgericht Nürnberg kürzlich entschieden, dass gelegentlicher Drogenkonsum allein noch nicht ausreicht, um die alleinige elterliche Sorge auf einen Elternteil zu übertragen. Es ist jedoch stets der Einzelfall zu prüfen.

Unabhängig von der elterlichen Sorge besteht ein Umgangsrecht des nicht betreuenden Elternteils.

Jessica Chaaban
Rechtsanwältin


MIETVERHÄLTNISSE BEI TRENNUNG UND SCHEIDUNG

Bereits mit der Trennung stellt sich in der Regel die Frage, wer in der angemieteten Wohnung verbleibt.
Im besten Fall einigen sich die Ehegatten diesbezüglich gütlich. Die sogenannte Ehewohnung genießt nämlich per Gesetz einen besonderen Schutzstatus. So kann ein Ehegatte nach der Trennung von dem anderen nicht einfach verlangen, aus dieser Ehewohnung auszuziehen.

Nach der Trennung kann eine Zuweisung der Ehewohnung ganz oder teilweise gerichtlich lediglich über ein Ehewohnungszuweisungsverfahren gemäß § 1361b BGB oder ein Gewaltschutzverfahren erwirkt werden. Nach Rechtskraft der Scheidung richtet sich die Überlassung der Ehewohnung nach § 1568a BGB.

Insbesondere im Rahmen der gerichtlichen Verfahren sollte auch an die Beantragung eines Kündigungsverbots gedacht werden. Sind die Ehegatten beide Mieter, so kann einer allein den Mietvertrag nicht kündigen. Ist jedoch ein Ehegatte Alleinmieter, so kann er die Ehewohnung jederzeit unter Einhaltung der Kündigungsfrist allein kündigen.

Sowohl im Falle der gütlichen Einigung als auch bei den gerichtlichen Verfahren sollte der in der Ehewohnung Verbleibende jedoch unbedingt darauf achten, dass die Miete künftig regelmäßig gezahlt wird, da der Vermieter wiederum ansonsten das Mietverhältnis fristlos kündigen kann.
Zieht ein Ehegatte absprachegemäß aus der Ehewohnung aus, muss der verbleibende Ehegatte die Miete allein weiterzahlen.

Zieht ein Ehegatte jedoch ohne Einverständnis des anderen aus, so wird dem verbleibenden Ehegatten die alleinige Nutzung der Ehewohnung aufgedrängt. Der verbleibende Ehegatte hat in der Regel eine Überlegungsfrist von drei Monaten, ob er verbleiben oder auch ausziehen will. Entscheidet er sich dazu, ebenfalls auszuziehen, so muss sich der ausgezogene Ehegatte grundsätzlich für die Restdauer der Mietzeit beteiligen. Will er in der Ehewohnung verbleiben, so hat er die Miete allein zu tragen. Dabei wird überwiegend vertreten, dass dies erst für die Zeit nach Ablauf der Überlegungsfrist gilt.

Ina Müller vom Berge
Rechtsanwältin, Fachanwältin für Familienrecht


UMSTRITTENE ABSCHAFFUNG DES ELTERNGELDES FÜR „BESSERVERDIENENDE“

Elterngeld erhalten Väter und Mütter monatlich als Ersatz für ihr reguläres Einkommen, um sich in der Zeit nach der Geburt angemessen um ihr Kind kümmern zu können. Auch getrennt lebende Eltern oder Alleinerziehende können Elterngeld beziehen.

Die Höhe des Elterngeldes ist abhängig von der persönlichen Lebenssituation und von der gewählten Elterngeld-Variante.

Bisher wurde der Bezug von Elterngeld erst ab einem zu versteuernden Jahresfamilieneinkommen von über 300.000 Euro ausgeschlossen.

In ersten Entwürfen zu einer Neuregelung des Elterngeldbezuges aus dem Herbst 2023 war eine Senkung der Einkommensgrenze auf 150.000 Euro geplant. Diese wurde jedoch aufgrund von vielseitigen Protesten letztlich nicht beschlossen.

Die Grenze des zu versteuernden Einkommens, ab der der Anspruch auf Elterngeld entfällt, wird nun für Geburten ab dem  1. April 2024 für Paare auf 200.000 Euro festgelegt. Diese Grenze soll auch für Alleinerziehende gelten. Für Eltern, deren Kind bis einschließlich 31. März 2024 geboren wurde, gelten die bisherigen Regelungen weiter.

Für Geburten ab dem 1. April 2025 wird die Einkommensgrenze für Paare sowie voraussichtlich auch für Alleinerziehende noch einmal weiter auf 175.000 Euro gesenkt werden.

Carolin Hölscheidt
Rechtsanwältin

 

 


Die neue Kindergrundsicherung – aktueller Stand

Bereits seit einiger Zeit in aller Munde ist die laut Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend umfassendste sozialpolitische Reform.

Die geplante Kindergrundsicherung soll Kinder vor Armut schützen und bessere Chancen für Kinder schaffen. Sie soll künftig die zentrale Leistung für alle Kinder sein und das System der Familienförderung vereinfachen.

Bestehen soll die Kindergrundsicherung aus zwei Komponenten – dem für alle Kinder gleich hohen Kindergarantiebetrag und dem einkommensabhängigen und altersgestaffelten Kinderzusatzbetrag.
Der für alle Kinder gleich hohe Kindergarantiebetrag ersetzt hierbei das heutige Kindergeld. Der einkommensabhängige Kinderzusatzbetrag löst Leistungen wie Kinderzuschlag, Kinderregelbedarf aus Bürgergeld und Sozialhilfe sowie Teile des Bildungs- und Teilhabepaketes ab.

Auch möchte der Staat den Bezug der Kindergrundsicherung für die Familien vereinfachen. So soll die Kindergrundsicherung künftig einfach und digital zu beantragen sein. Auch soll mit dem Kindergrundsicherungscheck gleichzeitig geprüft werden, ob eine Familie Anspruch auf den Kinderzusatzbetrag haben könnte, und proaktiv darüber informiert werden.

Die bei der Bundesagentur für Arbeit angesiedelte Familienkasse, die bereits für das jetzige Kindergeld zuständig ist, soll künftig für die geplante Kindergrundsicherung zuständig sein. Geplant ist jedoch eine Namensänderung der ‚Familienkasse‘ in ‚Familienservice‘.

Das Bundesfamilienministerium hat den Gesetzesentwurf zur Einführung der Kindergrundsicherung erarbeitet. Am 09.11.2023 fand die 1. Lesung im Bundestag statt. Das Inkrafttreten der Kindergrundsicherung ist für den 01.01.2025 vorgesehen.

Ina Müller vom Berge
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Familienrecht


Vollstreckbarkeit eines Umgangstitels – Relevanz und Voraussetzungen

Leben die Kinder im Haushalt eines Elternteils, so steht dem nicht betreuenden Elternteil ein Umgangsrecht mit diesen zu. Gleiches gilt auch andersrum: Auch die Kinder haben ein Recht, den nicht betreuenden Elternteil regelmäßig zu sehen.

Idealerweise wird das Umgangsrecht durch eine Vereinbarung zwischen den Eltern ausgestaltet. Grundsätzlich unterliegt eine solche Regelung keiner Formvorschrift – sie kann also auch mündlich vereinbart werden. Vorsicht allerdings: Solche Vereinbarungen sind rechtlich nicht bindend und somit auch nicht vollstreckbar. Dafür ist ein gerichtlicher Beschluss, eine gerichtlich gebilligte Vereinbarung oder eine notariell beurkundete Vereinbarung erforderlich. Laut Rechtsprechung ist für die Vollstreckung außerdem zwingend erforderlich, dass die Umgangsregelung hinreichend konkret formuliert ist.

Regelungen wie „Der Vater hat das Recht zum laufenden Umgang mit dem Kind alle 14 Tage von Freitag nach der Schule bis Montag früh zum Beginn der Schule, beginnend mit 18.09. bis 22.09.2023 […]“ oder „das Kind verbringt die Hälfte der Ferien bei dem Vater“ reichen laut höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht aus, um bei einer Umgangsverweigerung – egal durch welchen Elternteil – ein Zwangsmittel zu verhängen.

Der Anordnung eines Ordnungsmittels wegen Zuwiderhandlung gegen einen Titel stehe entgegen, dass Umgangsregelungen wie die vorstehenden mangels hinreichender Bestimmtheit keinen vollstreckbaren Inhalt aufwiesen. Denn es sind weder Ort noch Uhrzeit für die Übergabe geregelt. Die mögliche Auslegung einer solchen Regelung, also Umgang ab fiktivem Schulschluss, Schule oder Wohnsitz als Übergabeort oder Abholen bzw. Bringen, ist weder den Eltern zumutbar noch für das Vollstreckungsverfahren – und somit für die Verhängung eines Zwangsmittels – ausreichend.

Gerichtliche Umgangsanträge oder -vereinbarungen müssen daher so konkret wie möglich formuliert sein, mit genauer Bestimmung über Art, Ort und Zeit des Umgangs. Die Beteiligten müssen eindeutig erkennen können, welche Rechte und Pflichten für sie bestehen.
Es sollte daher fachkundige Unterstützung bei der Formulierung einer Umgangsvereinbarung in Anspruch genommen werden, um eine rechtlich bindende Vereinbarung herbeizuführen.

Jessica Chaaban
Rechtsanwältin