Die Kontaktbeschränkungen betreffen nicht den Umgang mit dem Kind

Eine Mutter wollte wegen der Corona-Krise die Besuchswochenenden ihrer Tochter beim Vater verweigern. Dies sei aber ein notwendiger zwischenmenschlicher Kontakt und deshalb trotz Corona weiter erlaubt, entschied das Oberlandesgericht Braunschweig.

Im vorliegenden Fall hatte der Vater eines fast sechsjährigen Mädchens beim Familiengericht in Braunschweig eine Umgangsregelung erwirkt, nach der seine Tochter am Wochenende zu ihm kommen und auch bei ihm übernachten durfte. Das wollte die Mutter des Mädchens jedoch verhindern und legte Beschwerde beim Oberlandesgericht ein. Als einen Grund für die Versagung des Umgangs führte sie dabei die Risiken und Kontaktbeschränkungen wegen der Corona-Krise an.

Dem folgte das Oberlandesgericht jedoch nicht und entschied, dass der Umgang zu gewähren sei. Er diene dem Kindeswohl, und daran ändere auch die Corona Krise nichts. Auch wenn Vater und Kind nicht in einem Haushalt leben würden, sei der Umgang nicht verboten. Der Umgang zwischen Vater und Kind gehöre zum absolut notwendigen Minimum zwischenmenschlicher Kontakte, die von den Maßnahmen bezüglich der Corona-Krise unberührt blieben.

Ausnahmen davon könnten lediglich gemacht werden, wenn der Umgang aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen nicht möglich sei, wenn sich also ein Elternteil in Quarantäne befände, einer Ausgangssperre unterläge oder mit Covid 19 infiziert sei. Die Erkrankung des Kindes selbst stehe dem Umgang dagegen auch nicht entgegen, da jeder Elternteil sein krankes Kind versorgen und pflegen dürfe.

Die Corona-Pandemie führt grundsätzlich somit nicht dazu, dass dem nicht betreuenden Elternteil der Umgang mit seinem Kind verweigert werden kann. Das entschied das Oberlandesgericht Braunschweig, das sich mit einem Thema befasste, das seit den coronabedingten Kontaktbeschränkungen viele Familien beschäftigt hat.

Katharina Karetsou
EU-Anwältin, Tätigkeitsschwerpunkt Familienrecht


Der Altersvorsorgeunterhalt

Sobald der Scheidungsantrag dem anderen Ehegatten zugestellt wird, endet die gegenseitige Partizipation an den jeweiligen Rentenanwartschaften. Mit Einreichung der Scheidung endet also die Ehezeit, die zur Berechnung der jeweiligen Versorgungsanwartschaften für den Versorgungsausgleich relevant ist.

Um diesen Nachteil auszugleichen, sieht das Gesetz für den Unterhaltsberechtigten den sogenannten Altersvorsorgeunterhalt vor. Ab Rechtshängigkeit der Scheidung hat der Unterhaltsberechtigte also die Wahl, ob er nur den Elementarunterhalt geltend macht oder zusätzlich zum Elementarunterhalt auch den Altersvorsorgeunterhalt.

Dies hat Vor- und Nachteile.

Ein Vorteil ist, dass man insgesamt einen höheren Unterhaltsbetrag erhält und man weiter in die eigene Altersvorsorge investieren kann.

Nachteil ist jedoch, dass – auch wenn man insgesamt mehr Unterhalt erhält – der Elementarunterhalt jedoch etwas geringer ausfällt. Der Elementarunterhalt ist der Betrag, den man für den allgemeinen Lebensbedarf verwenden darf. Dies bedeutet also, dass einem bei Geltendmachung des Altersvorsorgeunterhaltes etwas weniger für den monatlichen Lebensunterhalt zur Verfügung steht.

Am besten Sie lassen sich den Ehegattenunterhalt ab Rechtshängigkeit der Scheidung sowohl mit als auch ohne Altersvorsorgeunterhalt bei einer Anwältin errechnen, um entscheiden zu können, ob die Geltendmachung des Altersvorsorgeunterhaltes für Sie Sinn macht.

Die/der Unterhaltsberechtigte ist jedoch verpflichtet, diesen zusätzlichen Altersvorsorgeunterhalt auch tatsächlich für die eigene Altersvorsorge zu verwenden, z.B. durch Einzahlung des Betrages in eine private Rentenversicherung.

Auf Aufforderung der/des Unterhaltspflichtigen hat die unterhaltsberechtigte Person Auskunft darüber zu erteilen, ob sie/er den Altersvorsorgeunterhalt tatsächlich zweckentsprechend verwendet hat.

Hier heißt es: „Erteilt der Unterhaltsberechtigte dem Unterhaltspflichtigen auf dessen Aufforderung hin keine Auskunft über die Verwendung des in der Vergangenheit bezogenen Altersvorsorgeunterhalts und bestehen deshalb begründete Zweifel daran, dass er die hierfür an ihn geleisteten Beträge zweckentsprechend verwenden wird, steht der Forderung auf Zahlung künftigen Altersvorsorgeunterhalts der Einwand der Treuwidrigkeit nach § 242 BGB entgegen.“

Dies bedeutet: Solange der Altersvorsorgeunterhalt nicht zweckentsprechend verwendet wird oder bereits keine Auskunft zur Verwendung gegeben wird, muss der Unterhaltspflichtige den Altersvorsorgeunterhalt nicht mehr weiter zahlen.

Alexandra Oldekop
Rechtsanwältin, Fachanwältin für Familien- und Erbrecht


Flugreisen anlässlich der Corona-Pandemie

Normalerweise bedurfte es vor der Corona-Pandemie nicht der Zustimmung des anderen getrennt lebenden Elternteils für Flugreisen mit den gemeinsamen Kindern innerhalb Europas, wenn die Reise nicht mit Nachteilen oder Gefahren für das Kind verbunden war.

In Zeiten der Corona-Pandemie sieht dies anders aus. Dies entschied kürzlich das OLG Braunschweig (Beschluss vom 30.07.2020, Az: 2 UF 88/20).

Die Flugreise eines getrennt lebenden Elternteils mit den gemeinsamen Kindern ist in der Zeit der Corona-Pandemie keine Angelegenheit des täglichen Lebens mehr und bedarf daher der Zustimmung des anderen mitsorgeberechtigten Elternteils.

Können sich die Eltern nicht einigen, kann das Familiengericht auf Antrag einem Elternteil die Entscheidungsbefugnis darüber übertragen.

Alexandra Oldekop
Rechtsanwältin, Fachanwältin für Familien- und Erbrecht


Gründe für die Versagung eines paritätischen Wechselmodells

Trennen sich Eltern gemeinsamer Kinder und strebt ein Elternteil ein paritätisches Wechselmodell an, so kann das auch gegen den Willen des anderen Elternteils angeordnet werden, sofern dies dem Kindeswohl entspricht.

Bei einem paritätischen Wechselmodell betreuen die Eltern das gemeinsame Kind zu gleichen Teilen. Das OLG Bremen hat in seiner aktuellen Entscheidung drei Gründe genannt, die, sofern sie kumulativ vorliegen, der gerichtlichen Anordnung eines paritätischen Wechselmodells entgegenstehen:

  1. Eine fehlende Kommunikations- und Kooperationsbereitschaft der Eltern
  2. Weit auseinanderliegende Wohnorte der Eltern (>100 km)
  3. Keine verlässliche Planung der Durchführung des Wechselmodells aufgrund kontinuierlich wechselnder Arbeitszeiten eines Elternteils

Nach Ansicht des Gerichts kann in einer solchen Situation keine Regelung im wohlverstandenen Interesse und damit zum Wohl des Kindes getroffen werden, um das paritätische Wechselmodell auch gegen den Willen eines Elternteils gerichtlich anzuordnen.
(OLG Bremen, Beschluss vom 16.08.2018- 4UF 57/18)

Katharina Karetsou
Dikigoros Thessaloniki/EU-Anwältin
Tätigkeitsschwerpunkt Familienrecht


Wem gehört das Auto?

Die Zuordnung des Pkws führt öfters zu Schwierigkeiten.

In rechtlicher Sicht gehört das Auto, das auch zu beruflichen Zwecken benutzt wird, in den Zugewinnausgleich. Der Pkw jedoch, der einzig der Familie zur Verfügung steht und ausschließlich als Familienfahrzeug genutzt wird, wird wie ein Haushaltsgegenstand betrachtet und danach dem Hausrat zugeordnet. In diesen Fällen findet ein Vermögensausgleich über den Zugewinn nicht statt.

Welche Ansprüche bestehen nun, wenn nach der Trennung nur ein Ehegatte dieses Familienfahrzeug alleine nutzt und ansonsten noch keine gerechte Hausratsaufteilung stattgefunden hat?

Ist der andere Ehegatte auf die Nutzung des Pkws dringender angewiesen, so kann er sich gerichtlich diesen Gegenstand zuweisen lassen. Hier muss natürlich genau vorgetragen werden, warum man das Fahrzeug nötiger hat. Das Gericht hat hier dann zwischen den verschiedenen Interessen eine Abwägung vorzunehmen.

Wird die gerichtliche Zuweisung abgelehnt, so besteht die Möglichkeit eines anderweitigen finanziellen Ausgleichs. Man kann dann vom anderen Ehegatten für die Benutzung des gemeinsamen Pkws eine sogenannte Nutzungsentschädigung verlangen.

Wichtig ist jedoch, dass diesbezüglich eine schriftliche Zahlungsaufforderung erfolgt. Die Nutzungsentschädigung kann nämlich erst ab dem Zeitpunkt dieser Zahlungsaufforderung geltend gemacht werden und nicht rückwirkend für die Zeit davor.

Zu beachten ist, dass man sich von dieser Zahlungsaufforderung eine Abschrift macht. Der Berechtigte muss nämlich die Aufforderung im Bestreitensfalle darlegen und beweisen.

Alexandra Oldekop
Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht


Anspruch auf Ausbildungsunterhalt des volljährigen Kindes

Das OLG Stuttgart hatte einen Fall zu entscheiden, in welchem die Tochter ein Studium der Sozialen Arbeit absolviert und von den Eltern Ausbildungsunterhalt verlangt. Zuvor hatte die Tochter die Mittlere Reife abgeschlossen und eine Berufsausbildung zur Erzieherin beendet.

Das OLG Stuttgart hat aus folgenden Gründen einen Anspruch verneint:
Der Ausbildungsgang Mittlere Reife – Berufsausbildung – Studium setze eine erkennbare Absicht des Studiums bereits zum Zeitpunkt der Berufsausbildung voraus. Ist dies nicht erkennbar, besteht kein Anspruch mehr auf Ausbildungsunterhalt. Dabei werde die Unterhaltspflicht der Eltern von der Frage mitbestimmt, inwieweit sie damit rechnen müssen, dass ihr Kind nach einem Schulabschluss und dem Ende einer Berufsausbildung noch ein Studium anstrebt.

Wenn allerdings bereits bei Beginn der praktischen Ausbildung erkennbar ist, dass danach ein Studium angestrebt wird, ist auch hier die komplette Ausbildung von den Eltern zu finanzieren. Insgesamt liege – nach dem OLG Stuttgart – jedoch keine Vergleichbarkeit mit dem Ausbildungsgang Abitur – Berufsausbildung – Studium vor, da es sich hier um eine einheitliche Ausbildung handele. Hier müssten die Eltern von vornherein durchgehend bis zum Abschluss des Studiums die Ausbildung finanzieren.

Beruht die erste Ausbildung auf einer deutlichen Fehleinschätzung der Begabung des Kindes, so könne auch im Falle Mittlere Reife – Berufsausbildung – Studium eine fortdauernde Unterhaltspflicht der Eltern angenommen werden.

Alexandra Oldekop
Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht


Sittenwidrige Mithaftung in Darlehensverträgen

Gewähren Geldinstitute hohe Darlehenssummen, sichern sie sich häufig dadurch ab, dass auch die Ehegattin/der Ehegatte den Darlehensvertrag mitunterschreiben soll und dadurch Mitdarlehensnehmer/in wird. Eine umstrittene Praxis, die jedoch nach wie vor von Banken durchgeführt wird.

Der BGH hat sich wiederholt mit der Thematik der sittenwidrigen Mithaftung befasst und seine bisherige Rechtsprechung zu dieser Frage bestätigt.

In dem zu entscheidenden Fall hatte die Ehefrau in den 90er-Jahren den Kreditvertrag ihres Ehepartners mitunterschrieben, weil die Bank das gefordert hatte. Aus eigenem Einkommen wäre sie jedoch nicht in der Lage gewesen, das Darlehen zu tilgen. Dies ist keine Seltenheit. Häufig übernimmt der/die vermögenslose Ehepartner/in nur deshalb die Mithaftung, weil er/sie den ehelichen Frieden wahren will. 

Auch wenn dem Wortlaut des Darlehensvertrages zufolge die Ehegattin „echte“ Mitdarlehensnehmerin ist, so ist sie nach dem BGH nicht unbedingt als solche zu behandeln. Dem Wortlaut ist angesichts der Stärke der Verhandlungsposition der kreditgebenden Bank und der allgemein üblichen Verwendung von Vertragsformularen grundsätzlich weniger Bedeutung beizumessen als sonst.

Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist auf die Interessenlage der Vertragspartner abzustellen. Demnach hängt die rechtliche Qualifizierung als eigene Darlehensschuld oder als reine Mithaftung davon ab, ob der/die Angehörige gleichberechtigt als Vertragspartner/in neben dem/der Darlehensnehmer/in einen Anspruch auf Auszahlung der Darlehensvaluta hat und im Gegenzug zur Rückzahlung des Darlehens verpflichtet sein ober ob er/sie ausschließlich zu Sicherungszwecken mithaften soll.  

Als Mitdarlehensnehmer/in ist in aller Regel daher nur die Person anzusehen, die für den Darlehensgeber erkennbar ein eigenes sachliches und / oder persönliches Interesse an der Kreditaufnahme hat, sowie im Wesentlichen gleichberechtigt über die Auszahlung bzw. Verwendung der Darlehensvaluta bzw. bestimmter Teile davon Verwendung der Darlehensvaluta bzw. bestimmter Teile davon mitentscheiden darf. 
Weiter ist nach der Rechtsprechung zu prüfen, ob der/die mithaftende Darlehensnehmer/in von Anfang an in finanziell krasser Weise überfordert war. Als Anhaltspunkt hierfür wäre festzustellen, ob der/die Mithaftende zum Zeitpunkt des Zinsbeginns des Darlehens die laufenden Zinszahlungen aus eigenem Einkommen aufbringen kann. Ist dies nicht der Fall, etwa weil der Ehegatte/die Ehegattin nicht oder nur geringfügig erwerbstätig ist, wird von einer krassen finanziellen Überforderung der mithaftendenden Person und damit von einer sittenwidrigen Mitverpflichtung ausgegangen.

Die Erfahrung mit den Banken zeigt jedoch, dass diese – trotz dieser doch sehr deutlichen und gefestigten BGH-Rechtsprechung – außergerichtlich weiter ihre Übermacht ausnutzen und selten den/die mithaftenden Ehegatten/Ehegattin aus der Haftung entlassen. Vor einem Gerichtsverfahren sollte man allerdings nicht zurückschrecken.

Alexandra Oldekop
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Familienrecht


Erwerbsobliegenheit eines minderjährigen Kindes ohne Hauptschulabschluss

Auch ein minderjähriges Kind, das mangels eigenem Leistungswillen keinen Hauptschulabschluss erreicht hat, kann zur Erwerbstätigkeit verpflichtet sein (Beschluss OLG Karlsruhe vom 21.1.2019 - 2 WF 2/19).

Gemäß § 1602 Abs. 1 BGB ist nur unterhaltsberechtigt, wer außerstande ist, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen. Das minderjährige Kind trifft hierbei die Obliegenheit, seine Berufsausbildung mit Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit in angemessener und üblicher Zeit zu beenden.

Ist ein minderjähriges Kind nicht mehr schulpflichtig und befindet es sich auch nicht in Ausbildung, so ist es trotz der Minderjährigkeit verpflichtet, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen, sofern die Arbeitsaufnahme mit dem Jugendarbeitsschutzgesetz zu vereinbaren ist und keine gesundheitlichen Gründe einer Arbeitsaufnahme entgegenstehen.

Auch Kinder müssen somit die notwendigen und ihnen persönlich zumutbaren Schritte unternehmen, im Laufe der Jahre wirtschaftlich auf eigene Beine zu kommen. Anderenfalls können ihnen fiktive Einkünfte angerechnet werden.

Katharina Karetsou
EU-Anwältin
Tätigkeitsschwerpunkt Familienrecht