Wer muss die Kosten der Tagesmutter tragen?
Laut der Entscheidung des Bundesgerichtshof (BGH) vom 4.10.2017 XII ZB 55/17 stellen Betreuungskosten für eine Tagesmutter einen berufsbedingten Aufwand dar und können beim Unterhalt abgezogen werden. Sie stellen keinen Mehrbedarf beim Kindesunterhalt dar.
Seit der Unterhaltsrechtsreform im Jahre 2008 und der damit verbundenen angestiegenen Erwerbsverpflichtung des kinderbetreuenden Elternteils, werden Kinder immer häufiger fremdbetreut z.B. durch eine Tagesmutter. Es stellt sich somit die Frage der Berücksichtigung von Betreuungskosten für Kinder, d.h. wer muss diese Kosten tragen bzw. wie werden sie berücksichtigt.
Unproblematisch ist diese Frage, solange noch Ehegattenunterhalt so genannter Betreuungsunterhalt gezahlt wird. Dann werden die Kosten für die Betreuung nach der aktuellen Rechtsprechung des BGH vom Einkommen des betreuenden Elternteils abgezogen.
Probleme treten auf, wenn angesichts des hohen Einkommens des betreuenden Elternteils kein Ehegattenunterhalt mehr geschuldet wird und nur Kindesunterhalt zu bezahlen ist. Dann kommt es auf die Qualifizierung der Betreuungskosten an: Jede Erstattungsmöglichkeit entfällt, wenn es sich um berufsbedingte Aufwendungen des betreuenden Elternteils handelt. Handelt es sich dagegen um Mehrbedarf des Kindes entsteht ein Zahlungsanspruch gegen den Barunterhaltspflichtigen.
Nach der aktuellen Rechtsprechung des BGH wurde die Betreuung wie folgt eingeordnet:
Betreffen Betreuungskosten nur die übliche Betreuung, wie die Kosten einer Tagesmutter, die z.B. die Kinder von der Schule abholt, die Hausaufgaben betreut, Essen zubereitet und leichte Hausaufgaben verrichtet, sind diese Kosten als berufsbedingter Aufwand zu qualifizieren. Grund hierfür ist, dass nur die übliche Betreuung abgedeckt wird, die dem Betreuenden obliegt. Es ist nicht angemessen, so der BGH, dass diese Kosten als Mehrbedarf berücksichtigt werden.
Wenn die Betreuung aber pädagogisch veranlasst ist und ein weitergehender Bedarf des Kindes abgedeckt wird, wie etwa bestimmte Förderungsmaßnahmen, handelt es sich um Mehrbedarf des Kindes, weil diese Kosten in seinem Interesse aufgewendet werden. Nur dann müssen die Eltern die Kosten anteilig orientiert an ihrem Einkommen tragen.
Fazit:
Arbeitsanreize für kinderbetreuende Eltern werden so sicher nicht geschaffen. Die Doppel-bzw. Dreifachbelastung wird dadurch nicht berücksichtigt, sondern weiter verstärkt. Hier liegt es an den Eltern selbst, Modelle der gerechten Verteilung zu finden und anderweitige Vereinbarungen der Aufteilung der Kosten, die für Kinder anfallen, zu finden.
Eva von Ah
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Familienrecht
Großeltern haben nicht unbedingt ein Umgangsrecht
Der BGH musste in letzter Zeit mehrmals darüber entscheiden, ob Großeltern ein Umgangsrecht mit den Enkeln zusteht.
In einem Fall ging es um folgenden Sachverhalt:
Die Großeltern begehrten Umgang mit ihren beiden Enkeln (geboren Okt. 2006 und November 2008). Die Kinder wachsen bei ihren leiblichen Eltern auf. Nach der Geburt hatten die Kinder zunächst regelmäßigen Kontakt mit den Großeltern. Nach einem Kontaktabbruch wurde dieser später wieder aufgenommen. Dem lag unter anderem eine Vereinbarung zugrunde, die die Eltern und die Großeltern geschlossen hatten. Darin verpflichteten sich die Großeltern, den Eltern ein zinsloses Darlehen zur Verfügung zu stellen. Umgekehrt wurde ihnen hinsichtlich der Kinder ein Umgangsrecht eingeräumt. Das Darlehen sollte sofort zur Rückzahlung fällig sein, sofern durch die Eltern das Umgangsrecht nicht mehr gewährt werden würde. Die Eltern lehnten den Umgang ihrer Kinder mit den Großeltern erneut ab. Hintergrund hierfür ist, dass ihnen kurz zuvor ein Schreiben der Großeltern an das zuständige Jugendamt bekannt geworden war, in dem diese diverse Vorwürfe und Bedenken in Bezug auf die Erziehung der Kinder durch die Eltern überschrieben mit den Worten: „Vorfälle von seelischer Misshandlung der Enkelkinder“, vorbrachten.
Das Amtsgericht hat den Antrag der Großeltern auf Einräumung eines Umgangsrechts zurückgewiesen, nachdem es den Kindern einen Verfahrensbeistand bestellt hatte, ein familienpsychologisches Sachverständigengutachten eingeholt wurde und die Eltern, Großeltern und die Kinder persönlich angehört hatte. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Großeltern hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Dagegen wendeten sich die Großeltern ebenfalls erfolglos mit der Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof.
Auch Großeltern kann ein Umgangsrecht zustehen. Nach § 1685 BGB haben auch die Großeltern einen Umgang mit dem Kind, wenn dies dem Wohl des Kindes dient. Danach gehört der Umgang mit anderen Personen (als den Eltern) zu denen das Kind Bindungen besitzt, zum Wohl des Kindes, wenn deren Aufrechterhaltung für seine Entwicklung förderlich ist.
Das Umgangsrecht der in § 1685 BGB genannten Personen finde aber seine Grenze, wenn die Kinder aufgrund eines Zerwürfnisses zwischen den Eltern und den Großeltern einem erheblichen Loyalitätskonflikt ausgesetzt seien. Dann bewirke das Umgangsrecht nicht eine Förderung der Kinder, sondern schlage in eine Belastung der Kinder um. Ein erzwungener Kontakt zwischen Enkelkindern und Großeltern sei aus psychologischer Sicht mit den Kindesbedürfnissen nicht vereinbar und diene damit auch nicht dem Kindeswohl. Auch widerspreche die Gewährung eines Umgangsrechts dem Wohl der Kinder, da die Großeltern das Erziehungsprimat der Eltern nicht uneingeschränkt anerkennen. Im Gegenteil: wurde die Erziehungskompetenz der Eltern auch gegenüber Dritten deutlich in Frage gestellt, indem sie die Eltern der seelischen Misshandlung der Kinder bezichtigten, was sich jedoch nach den tatrichterlichen Feststellungen nicht bestätigte.
Siehe BGH Beschluss des XII. Zivilsenats vom 12.7.2017 – XII ZB 50/16.
Im Ergebnis zeigt bereits vorliegend die Vereinbarung „Umgang der Großeltern gegen zinsloses Darlehen“ wie desolat der Zustand zwischen Eltern und Großeltern ist und damit der Beschluss im Ergebnis richtig ist. Allerdings spricht eine solche Vereinbarung auch nicht unbedingt für die Erziehungskompetenz der Eltern.
Alexandra Oldekop
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Familienrecht
Die wichtigsten Fragen rund um die Scheidungsfolgenvereinbarung
Was sich zum Zeitpunkt der Heirat meistens niemand wirklich vorstellen kann, wird heute bei durchschnittlich jeder zweiten Ehe in Deutschland zur Realität: die Scheidung. Oft ist es bis dahin ein langer und vor allem nervenaufreibender Weg.
Für viele getrennt lebende Eheleute stellt sich die Frage, wie die finanzielle und emotionale Belastung so gering wie möglich gehalten werden kann. Entspricht dies dem Ziel beider getrennt lebender Eheleute, empfiehlt es sich eine Scheidungsfolgenvereinbarung zu schließen.
Was kann durch eine Scheidungsfolgenvereinbarung geregelt werden?
In einer streitigen Auseinandersetzung entscheidet das Gericht in einem Scheidungsverfahren nicht nur über die Scheidung selbst, sondern auch über die Scheidungsfolgesachen, wenn ein Ehegatte entsprechende gerichtliche Anträge stellt. Etwas anderes gilt lediglich für den Versorgungsausgleich, über den durch das Gericht auch ohne Antrag entschieden werden muss.
In einer Scheidungsfolgenvereinbarung können, wie dem Wortlaut zu entnehmen ist, sämtliche sog. Scheidungsfolgesachen geregelt werden, somit Kindes- und Ehegattenunterhalt, Zugewinnausgleich, Ehewohnung und Aufteilung von Haushaltsgegenständen sowie der Versorgungsausgleich.
Ehegatten können über sämtliche Scheidungsfolgesachen Regelungen treffen oder auch nur über einzelne.
Wie kann eine Scheidungsfolgenvereinbarung getroffen werden?
Nachdem im Rahmen einer Scheidungsfolgenvereinbarung meistens über verschiedene rechtliche Angelegenheiten Vereinbarungen getroffen werden, muss in der Regel eine umfassende anwaltliche Beratung vorausgehen.
Sobald eine Vereinbarung gefunden wurde, wird diese von einer anwaltlichen Vertretung schriftlich fixiert und im Anschluss daran entweder im Ehescheidungstermin vom Gericht protokolliert oder durch eine Notarin oder einen Notar notariell beurkundet.
Dies ist erforderlich, da Regelungen zum nachehelichen Ehegattenunterhalt und zum Zugewinnausgleich formbedürftig sind, um Wirksamkeit zu erlangen.
Manuela Wodniak
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Familienrecht
Kindesunterhalt und Düsseldorfer Tabelle ab 2018
Um Kindesunterhalt vereinfacht und pauschaliert festlegen zu können, wird die sog. Düsseldorfer Tabelle herangezogen.
Der Bedarf eines Kindes unter Anwendung der Düsseldorfer Tabelle ist im Wesentlichen von zwei Faktoren, dem Alter des Kindes sowie dem Nettoeinkommen des unterhaltsverpflichteten Elternteils abhängig.
Die Düsseldorfer Tabelle unterscheidet zwischen 4 Altersgruppen von 0-5 Jahren, von 6-11 Jahren, von 12-17 Jahren sowie ab 18 Jahren. Hintergrund ist, dass mit zunehmendem Alter eines Kindes auch die zu finanzierenden Bedürfnisse des Kindes steigen.
Ferner enthält die Düsseldorfer Tabelle für die Einteilung des unterhaltsverpflichteten Elternteils, somit des Elternteils, welcher nicht überwiegend betreut, 10 Einkommensstufen.
Der Kindesunterhalt soll sich ab 1.1.18 nach einer neuen Düsseldorfer Tabelle errechnen mit zwei Änderungen:
Laut OLG Düsseldorf vom 6.11.2017, Pressemitteilung Nr. 37 / 2017, soll ab 1.1.2018 eine Erhöhung der Bedarfssätze der Kinder erfolgen. Der Mindestunterhalt soll ab dem 1.1.2018 für Kinder der ersten Altersstufe (0-5) statt bisher 342 € dann 348 € betragen, für Kinder der zweiten Altersstufe (6-11) nicht mehr 393 € sondern 399 € und für Kinder der dritten Altersstufe (12-17) anstatt bisher 460 € dann 467 €.
Auf die Bedarfssätze der Düsseldorfer Tabelle hat grundsätzlich eine Anrechnung des Kindergeldes zu erfolgen, welche sich ab 1.1.2018 ebenfalls erhöhen soll. Laut der Pressemitteilung des Oberlandesgerichts Düsseldorf soll dieses ab 1.1.2018 für das erste und zweite Kind auf 194 €, für ein drittes Kind auf 200 € und für das vierte und jedes weitere Kind auf 225 € pro Monat erhöht werden.
Zusätzlich zu den vorgenannten Änderungen wird allerdings auch eine Anhebung der Einkommensstufen im Rahmen der Düsseldorfer Tabelle vorgenommen werden, was letztmals 2008 erfolgt ist.
Insbesondere bezahlte nach der bisherigen Düsseldorfer Tabelle ein Unterhaltspflichtiger mit einem bereinigten Nettoeinkommen von bis zu 1500 € nach der jeweiligen Altersstufe Mindestunterhalt nach Düsseldorfer Tabelle. Diese Einkommensgrenze wird nun auf 1900 € monatlich netto angehoben. Dies bedeutet, dass Unterhaltspflichtige mit einem Nettoeinkommen von bis zu monatlich 1900 € lediglich den Mindestunterhalt zu mit Unterhalt nach der geringsten Stufe der Düsseldorfer Tabelle bezahlen.
Die erste Einkommensgruppe wurde somit um einen Betrag von 400 € monatlich netto erhöht.
Auch die weiteren Einkommensstufen werden angehoben. Eine nächste voraussichtliche Änderung hat das OLG Düsseldorf für den 1.1.2019 angekündigt.
Aufgrund der voraussichtlichen Änderung der Düsseldorfer Tabelle sind eine Vielzahl von gerichtlichen Abänderungsverfahren zu befürchten, in welchen sich insbesondere Unterhaltsverpflichtete gegen bestehende Titel wenden und eine Herabsetzung ihrer Unterhaltsverpflichtung beantragen werden.
Erstmals seit 2008 werden somit sowohl Bedarfssätze der Kinder wie auch Einkommensstufen zu Gunsten des Unterhaltsverpflichteten angeboten. Ziel war eine Abwägung der Interessen des Unterhaltsberechtigten an der Sicherung des eigenen Unterhalts und dem Interesse des Unterhaltsverpflichteten an finanzieller Entlastung.
Ob diese beabsichtigte Interessenabwägung mit der „neuen“ Düsseldorfer Tabelle gelingen wird, wird die Praxis zeigen müssen.
Manuela Wodniak
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Familienrecht
Ehe für alle – Marriage pour tous!
Der Bundestag hat im Juli diesen Jahres in Rekordzeit - binnen einer Woche – eine der sicherlich spektakulärsten Änderungen in diesem Jahr beschlossen, nämlich die Einführung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare.
Ende Juni rückte Kanzlerin Angela Merkel überraschend vom klaren „Nein“ der CDU in dieser Frage ab und sprach auf einmal von einer "Gewissensentscheidung". Die übrigen Fraktionen im Bundestag machten daraufhin Druck, um eine schnelle Entscheidung im Bundestag zu erreichen. Eine große Mehrheit quotierte dann im Parlament für die Ehe für alle. Jahrzehntelang haben Homosexuelle dafür gekämpft und manch eine/r hätte sich sicherlich hierzu noch weitere Diskussionen gewünscht. Am Ende ging nun alles ganz schnell. Der Wandel der Zeit zeigt jedoch, dass bereits mit Einführung des Lebenspartnerschaftgesetzes die Richtung zur Ehe für alle geebnet wurde.
Im Jahr 2001 wurde in Deutschland die sog. „eingetragene Lebenspartnerschaft“ als eheähnliches Konzept – „Ehe light“ - eingeführt. Jedoch gab es im Vergleich zur Ehe immer noch einige Punkte, in welchen homosexuelle Paare den heterosexuellen Paaren nicht gleichgestellt waren. So wurden zwar im Laufe der Zeit die Ungleichbehandlungen im Miet-, Steuer- und Erbrecht angepasst, allerdings hatten gleichgeschlechtliche Paare in Deutschland bis zuletzt beispielsweise kein Adoptionsrecht.
Dies hat sich nun geändert. Die maßgebliche Änderung betrifft dabei den § 1353 BGB. Bisher hieß es dort: „Die Ehe wird auf Lebenszeit geschlossen.“ Nun lautet der Satz: "Die Ehe wird von zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts auf Lebenszeit geschlossen."
Daneben wird ein neuer § 20 LPartG eingeführt, welcher die Umwandlung einer Lebenspartnerschaft in eine Ehe vorsieht. Allerdings werden bereits eingetragene Lebenspartnerschaften nicht automatisch in eine Ehe umgewandelt. Den Paaren soll hier ein Wahlrecht bleiben. „Neue“ Paare können jedoch seit 1.10.17 nun nicht mehr eine eingetragene Lebenspartnerschaft begründen.
Vorgesehen, aber noch nicht ganz geklärt, ist allerdings die Rückwirkung. Danach sollen den Lebenspartnern nach der Umwandlung in eine Ehe die gleichen Rechte und Pflichten zustehen, als ob sie am Tag der Eingehung der Lebenspartnerschaft quasi geheiratet hätten. Dadurch soll rückwirkend die Ungleichbehandlung eingetragener Lebenspartner und Ehegatten bereinigt werden.
Auch noch unklar ist, wie man mit dem Versorgungsausgleich umgeht. Einen solchen gibt es nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz nämlich erst seit dem Jahr 2005.
Es wird also sicherlich noch einige Gesetzesanpassungen geben.
Gut möglich ist allerdings, dass sich noch das Bundesverfassungsgericht mit der „Ehe für alle“ befassen muss. Bayern und die AFD prüfen eine Klage und halten sich die Option offen, vor das Bundesverfassungsgericht zu gehen. Sie argumentieren, mit der vom Grundgesetz besonders geschützten Ehe sei nur eine Verbindung zwischen Mann und Frau gemeint.
Aber auch wenn das Gesetz zur Prüfung vor dem Bundesverfassungsgericht landet - heiraten können Homosexuelle nun trotzdem!
Die ersten gleichgeschlechtlichen Ehen wurden ab dem 1.10.17 bereits geschlossen und tatsächlich gibt es nun auch schon die erste Adoption von gleichgeschlechtlichen Adoptiveltern.
Alexandra Oldekop
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Familienrecht
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Zusätzliche Quellen
Weitere Informationen finden Sie unter:
www.bundesverfassungsgericht.de
www.bundesjustizministerium.de