Wissenswertes 2011

Verlängerung des Betreuungsunterhalts

Seit der Unterhaltsrechtsreform vom 01.01.2008 wurde für den betreuenden Elternteil in § 1570 BGB ein sog. Basisunterhalt von 3 Jahren nach der Geburt eines Kindes festgelegt. Nur in dieser Zeit besteht keine Erwerbsverpflichtung.

Für die Zeit danach wurde das frühere Altersphasenmodell, wonach ein betreuender Elternteil bis zur dritten Klasse Grundschule nicht, dann Teilzeit und ab 15 Jahren des Kindes erst ganztags arbeiten musste, abgeschafft.

Immer wieder wurde in der Rechtsprechung verschiedener Oberlandesgerichte versucht, neue Altersphasenmodelle einzuführen. Erstmals am 18.03.2009 hat der BGH ein Grundsatzurteil zum Betreuungs-unterhalt § 1570 BGB gefällt.

In drei aktuellen Entscheidungen des Jahres 2011 hat der BGH seine grundsätzliche Auffassung bekräftigt und folgendes ausgeführt:

„Der Gesetzgeber hat für Kinder ab 3 Jahre den Vorrang der persönlichen Betreuung aufgegeben. Wenn ein Kind nach Vollendung des dritten Lebensjahres eine kindgerechte Einrichtung besucht oder besuchen könnte, kann sich der betreuende Elternteil nicht mehr auf die Notwendigkeit der Betreuung durch einen Elternteil berufen.“

Von diesem Grundsatz der vollschichtigen Erwerbsverpflichtung ab dem dritten Lebensjahr des Kindes kann nur abgewichen werden, wenn kindbezogener oder elternbe-zogener Billigkeitsunterhalt möglich ist.

Kindbezogener Billigkeitsunterhalt: 
Der Ehegattenunterhalt kann verlängert werden, wenn: 

  • die praktizierte Rollenverteilung gem. der gemeinsamen Ausgestaltung in der Ehe so erfolgte, dass die Erwerbstätigkeit wegen der Kinderbetreuung dauerhaft aufgegeben oder zurück gestellt wurde,
  • der verbleibende Betreuungsanteil neben der Erwerbstätigkeit zu einer überobligationsmäßigen Belastung führen kann. 

Elternbezogener Billigkeitsunterhalt:
Der Unterhalt kann auch verlängert werden, wenn: keine Betreuungsmöglichkeiten vorhanden sind, ein Kind besonderer Betreuung z.B. wegen Erkrankung, psychisch oder körperlich, bedarf.

Alle Verlängerungsgründe müssen von der Person, die Unterhalt verlangt, dargelegt und bewiesen werden.

Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 01.06.2011, BGH XII ZR 45/09 zudem ausgeführt, dass für die Betreuung des gemeinsamen Kindes grundsätzlich auch der andere Elternteil in Betracht zu ziehen ist, wenn er dies ernsthaft und verlässlich anbietet. Maßgeblich ist dabei jedoch das Kindeswohl, wie bei der Ausgestaltung des Umgangsrechts.

In seiner Entscheidung vom 30.03.2011, BGH XIIZR 3/09, hat der BGH erneut darauf hingewiesen, dass bei kindbezogener Verlängerung stets der individuelle Umstand zu prüfen sei, ob und in welchem Umfang die Kindesbetreuung auf andere Weise gesichert ist. Die Beweislast für die kindbezogenen Verlängerungsgründe trägt immer der Elternteil, der die Kinder betreut.

In der am 02.08.2011 veröffentlichten Entscheidung XII ZR 94 /09 hat der BGH wieder bekräftigt, dass die Gründe für eine Verlängerung dargelegt und bewiesen werden müssen und die Anforderungen hierfür sehr hoch gesetzt sind. In diesem Fall hatte das Kind längere Zeit in einer Pflegefamilie gelebt. Es besuchte die zweite Klasse Grundschule. Während das Oberlandesgericht der Mutter noch Unterhalt zusprach und ihr nur eine Halbtagstätigkeit zumutete, weil das Kind nach der Pflegefamilie einen behutsamen Übergang brauche um Kind und Mutter nicht zu überfordern, widersprach dem der BGH wie folgt: 

„Die Betreuung eines Grundschulkindes steht einer Vollzeittätigkeit nicht entgegen, wenn nach der Unterrichtszeit eine Betreuungsmöglichkeit besteht. Der betreuende Elternteil muss die Gründe für eine Verlängerung des Betreuungsunterhaltes über das dritte Lebensjahr hinaus darlegen und beweisen. Der Bedarf persönlicher Betreuung, die einem Vollzeitjob entgegensteht, sei nicht ersichtlich. Das Kind könne in einer offenen Ganztagsschule betreut werden.“

Fazit:
Ist eine Kinderbetreuungsmöglichkeit wie Kindergarten, Hort, Kindertagesstätte, Ganztagesschule etc. vorhanden, muss diese genutzt werden. Verlängerungsgründe müssen unter Beweis gestellt und dargelegt werden: d.h. es muss bewiesen werden, dass kein Kindergartenplatz vorhanden ist oder dass ein Kind dauerhaft krank ist und deswegen einer erhöhten Betreuung bedarf. Ggf. ist hierfür ein Gutachten einzuholen.

Die Frage der tatsächlichen Beweisführung stellt sich nach den Anforderungen des BGH in den letzten Entscheidungen als schwierig heraus.


Haushaltsgegenstände im Alleineigentum: Zugewinn oder Hausrat?

Mit den Reformen am 01.09.2009 zum Zugewinn, Versorgungsausgleich und Verfahrensrecht wurde auch die Hausratsverordnung abgeschafft. Regelungen hierzu wurden in § 1568 b BGB getroffen.

Stehen Haushaltsgegenstände im Alleineigentum eines Ehegatten, stellt sich die Frage der Verteilung als Haushaltsgegenstand oder der Bewertung im Zugewinn.

Wegen des Doppelverwertungsverbotes kann ein Gegenstand nur im Zugewinn oder bei der Teilung des Hausrates berücksichtigt werden. In seinem Urteil vom 11.05.2011XII ZR 33/09 hat der BGH klare Regelungen getroffen.

Die Ehegatten waren sich uneinig hinsichtlich einer Aussteuer, welche die Ehefrau bei Eheschließung von ihren Eltern erhielt.

Das OLG (Oberlandesgericht) Karlsruhe stufte diese als Haushaltsgegenstand ein, der in der Haushaltsteilung zu berücksichtigen sei.

Der BGH stellte nunmehr klar, dass nur im Miteigentum stehende Hausratsgegenstände im Haushaltsverfahren verteilt werden können. Haushaltsgegenstände, die im Alleineigentum eines Ehegatten stehen, können im Haushaltsverfahren nicht mehr dem anderen Ehegatten zugewiesen werden und unterliegen dem Zugewinn. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn sich die Parteien anders geeinigt haben, oder eine Zuweisung von Hausratsgegenständen nach altem Recht erfolgte.

Fazit:
Steht das Alleineigentum eines Ehegatten fest, muss der Ausgleich im Zugewinn erfolgen.

Aber:
Haushaltsgegenstände, die während der Ehe für den gemeinsamen Haushalt angeschafft worden sind, gelten nach der Vermutensregel des § 1568 b Abs.2 BGB als gemeinsames Eigentum der Ehegatten.


Renate Maltry
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Erbrecht
Fachanwältin für Familienrecht


Das Unterhaltsrecht im Wandel. Wesentliche Entscheidungen.

Das Ende der Dreiteilungsmethode oder wie wandelbar sind die ehelichen Lebensverhältnisse?

Unseren Forderungskatalog zur Änderung des Unterhaltsrechts, den wir zusammen mit dem Stadtbund Münchner Frauenverbände und dem Deutschen Juristinnenbund erarbeitet haben, wurde Ihnen bereits vorgestellt.

Eine unserer Forderungen war die Abschaffung der Drittelmethode oder „Ménage a trois“. Diese Methode der Dreiteilung hat der BGH in seiner Entscheidung vom 30.07.2008 entwickelt. Hiernach wurden die Einkünfte des Ehemanns, der geschiedenen und der neuen Ehefrau in der Bedarfsberechnung des Unterhaltes zusammengerechnet und durch 3 geteilt. Von diesem Drittel wiederum wurde das eigene Einkommen der Erstfrau in Abzug gebracht und somit ihr Unterhalt errechnet.

Nun hat das Bundesverfassungsgericht in einem Beschluss vom 25.01.2011 diese Methode für verfassungswidrig erklärt. Dort heißt es: der BGH überschreitet die Grenzen der Auslegung des Gesetzes und verletzt somit Art. 2 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip.

Presse, Anwälte und Richter reagierten mit einer gewissen Genugtuung, ja Schadenfreude auf den Richterspruch.

Was waren die Gründe?

Nach dem Wortlaut des § 1578 Abs. 1 S.1 BGB wird der nacheheliche Ehegattenunterhalt an den ehelichen Lebensverhältnissen zum Zeitpunkt der Scheidung gemessen.

Mit der Unterhaltsrechtsreform vom 01.01.2008 hat der Gesetzgeber diesen Paragraphen in seinem Wortlaut auch nicht verändert.

Der BGH hingegen hat die ehelichen Lebensverhältnisse für wandelbar erklärt und sein eigenes Modell entwickelt. Ein Vertrauen in die Fortgeltung der früheren Verhältnisse sei nicht geschützt und eine Lebensstandardgarantie nicht gewährt, so BGH FamRZ 2009,23. Folgerichtige Konsequenz dieser Auffassung war, dass bei einer Wiederverheiratung der Unterhalt nach der zitierten Dreiteilungsmethode errechnet wurde.

Das Bundesverfassungsgericht erteilte nun nicht nur der Methode der Dreiteilung des BGH eine Absage, sondern auch der gleichzeitig entwickelten Rechtsprechung zu den wandelbaren Lebensverhältnissen.

Das Bundesverfassungsgericht bescheinigte dem BGH, mit seiner Rechtsprechung einen Systemwechsel vorzunehmen, der die Grundentscheidung des Gesetzgebers durch eigene Gerechtigkeitsvorstellungen ersetzt. 

Er wurde daran erinnert, dass auch er an das Gesetz gebunden ist!

Dies kam einer „Ohrfeige“ des obersten deutschen Gerichtes durch das Bundesverfassungsgericht gleich.

Wie wirkt sich die Entscheidung auf die Praxis aus?

Zunächst herrschte Verwirrung bei Anwälten und Richtern.

Zwar wird bei der Unterhaltsberechnung nun ein anderer Bedarf angenommen, nämlich der der ehelichen Lebensverhältnisse zum Zeitpunkt der Scheidung. Mangels Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten, z. B. aufgrund einer neuer Partnerin, wird sich nach Meinung mancher Fachleute ein höherer Unterhalt dennoch oft nicht errechnen. Abschließende Regelungen liegen jedoch noch nicht vor.

Ob der Gesetzgeber neue Regelungen plant, bleibt abzuwarten.

Noch im November vergangenen Jahres erklärte die Bundesjustizministerin Leutheuser-Schnarrenberger anlässlich einer Veranstaltung des Deutschen Juristinnenbundes und des Stadtbundes zum neuen Unterhaltsrecht in München, dass sie prüfen werde, welcher Änderungsbedarf besteht und ob bei der praktischen Umsetzung der Unterhaltsreform Effekte aufgetreten sind, die nicht beabsichtigt waren.


Renate Maltry
Rechtsanwältin 
Fachanwältin für Erbrecht 
Fachanwältin für Familienrecht


Krankheit und ehebedingte Nachteile

Seit dem 1. Januar 2008 ist auch für den nachehelichen Krankheitsunterhalt eine Befristung zulässig. Für die generelle Bewertung des Krankheitsunterhalts ist von Bedeutung, dass eine Krankheit regelmäßig schicksalsbedingt ist und nur im zeitlichen Zusammenhang mit der Ehe steht.

Der BGH hat daher in einer Entscheidung vom 30.06.2010 (BGH XII ZR 9/09) festgestellt, dass im Rahmen der Billigkeitsentscheidung über eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des nachehelichen Unterhalts vorrangig auf das Vorliegen ehebedingter Nachteile abzustellen ist. Dabei ist eine umfassende Würdigung aller Einzelfallumstände vorzunehmen. Dass eine psychische Erkrankung in der Ehekrise aufgetreten oder durch diese sogar ausgelöst worden ist, begründet für sich genommen keinen ehebedingten Nachteil. Ehebedingte Nachteile müssen vielmehr durch die Ehe verursacht sein und hierfür muss insbesondere die Pflege und Erziehung eines gemeinsamen Kindes sowie die Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit bedeutsam sein. 

Damit wird deutlich, dass unter ehebedingten Nachteilen vornehmlich solche Einbußen zu verstehen sind, die sich aus der Rollenverteilung ergeben, nicht aber aus sonstigen persönlichen Umständen, die etwa mit dem Scheitern der Ehe zusammenhängen.

Unter welchen Umständen eine Krankheit im Einzelfall mittelbar oder unmittelbar auf der Ehe beruhen und sich als ehebedingter Nachteil darstellen kann, wurde vom BGH bisher nicht ausgeführt. Im entschiedenen Fall war die Erkrankung der Unterhaltsberechtigten bereits vor der Ehe angelegt. Auch wenn der Ausbruch der Krankheit schließlich durch die Ehe ausgelöst worden ist, ist damit die Krankheitsursache nicht in der Ehe als solcher und der mit ihr verbundenen Rollenverteilung sondern in den persönlichen Umständen der Parteien und ihrer schicksalhaften Entwicklung zu sehen. Der BGH schließt allerdings nicht aus, dass im Einzelfall der Unterhaltspflichtige auch unabhängig von der Ehe für die Krankheit des Unterhaltsbedürftigen mit verantwortlich sein kann und dies als Billigkeitsgesichtspunkt zu berücksichtigen ist.

Bei der Beurteilung der Unbilligkeit der fortwährenden Unterhaltszahlung sind ferner die wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien sowie Umfang und Dauer der vom Unterhaltspflichtigen bis zur Scheidung erbrachten Trennungsunterhaltleistungen von Bedeutung.

Für die Praxis ergibt sich daraus die Notwendigkeit, jeden Sachverhalt in allen Einzelheiten genau zu prüfen und darzustellen.


Angelika Berking
Rechtsanwältin Tätigkeitsschwerpunkt Familienrecht


Ehebedingter Nachteil und Rollenverteilung

Mit Urteil vom 16.02.2011 entschied der Bundesgerichtshof (BGH), dass es für das Bestehen ehebedingter Nachteile vor allem darauf ankommt, ob aus der tatsächlichen, nicht notwendig einvernehmlichen Gestaltung von Kinderbetreuung und Haushaltsführung Erwerbsnachteile entstanden sind.

Gab der unterhaltsberechtigte Ehegatte während des Bestehens der ehelichen Lebensgemeinschaft seinen Arbeitsplatz auf, ist es jedenfalls grundsätzlich nicht von Bedeutung, ob der unterhaltspflichtige Ehegatte damit einverstanden war oder nicht, so dass daraus entstandene Erwerbsnachteile ehebedingt sind. Etwas anderes gilt, wenn die Aufgabe (oder der Verlust) der Arbeitsstelle ausschließlich auf Gründen beruhte, die außerhalb der Ehegestaltung liegen.

Ehebedingte Nachteile sind vor allem Erwerbsnachteile, die durch die von den Ehegatten praktizierte Rollenverteilung während der Ehe entstanden sind. Dazu genügt es, wenn ein Ehegatte sich entschließt, seinen Arbeitsplatz aufzugeben, um die Haushaltsfüh-rung und Kinderbetreuung zu übernehmen. Ab welchem Zeitpunkt die Rollenverteilung praktiziert wird, ist nicht von Bedeutung. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Ehegatten die Rollenverteilung zu Beginn der Ehe, bei Geburt eines Kindes oder erst später planten oder praktizierten.

Bei der Befristung des nachehelichen Unterhaltes kommt es darauf an, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben (§ 1578 b Abs. 2 Satz 2, Abs. 1 BGB).

Auch nach der Gesetzesformulierung kommt es darauf an, ob sich die Nachteile aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes oder aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe ergeben (§ 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB). Wie sich aus dem Wortlaut des Gesetzes ergibt, ist somit auf die tatsächliche Gestaltung von Kinderbetreuung und Haushaltsführung abzustellen. 

Bei den in § 1578 b BGB aufgeführten Kriterien handelt es sich zudem um objektive Umstände, denen kein Unwerturteil und keine subjektive Vorwerfbarkeit anhaften, weshalb im Rahmen der Abwägung bei der Befristung und Begrenzung des nachehelichen Unterhaltes nicht etwa eine Aufarbeitung ehelichen Fehlverhaltens stattfindet. Der unterhaltspflichtige Ehegatte kann nicht einwenden, dass er den Unterhaltsberechtigten während der Ehe zur Berufstätigkeit angehalten habe.


Maria Demirci
 
Rechtsanwältin Tätigkeitsschwerpunkt Familienrecht


Die Unterhaltsreform vom 01.01.2008 steht auf dem Prüfstand

Zusammen mit dem Stadtbund der Münchner Frauenverbände, dem wir neben 53 Verbänden angehören und dem Deutschen Juristinnenbund haben wir zu Beginn dieses Jahres eine Unterschriftenaktion gestartet um auf die Defizite und Ungerechtigkeiten der Reform hinzuweisen, die aus unserer Sicht zwingend einer Nachbesserung bedarf.

Viele Frauen sind unserer Aufforderung, Beschwerdebriefe an das Ministerium zu richten, gefolgt. Die Unterschriftenliste wurde der Bundesjustizministerin in Berlin persönlich übergeben.

Wesentliche Kritikpunkte von uns sind:

1. Langjährige Ehen

Benachteiligt und deshalb schützenswürdig sind alle Frauen, die bei Eheschließung und anschließender Aufgabe ihrer Erwerbstätigkeit aufgrund der damaligen Rechtslage davon ausgehen könnten, dass sie durch den Ehegatten versorgt werden. Diese Frauen sind die Ehe unter ganz anderen Voraussetzungen eingegangen.

Die Vorschrift des § 36 EGZPO ist hinsichtlich des Zumutbarkeitskriteriums nicht ausreichend.

2. Ehebedingte Nachteile 

Heute müssen Frauen einen ehebedingten Nachteil nachweisen um dauerhaften Unterhalt zu bekommen. Sie müssen also eine fiktive Erwerbsbiographie darlegen und mit alternativen Lebensläufen arbeiten, was manchmal dem Blick in eine Glaskugel gleicht. Auch sind in dieser Erwerbsbiographie Karrieresprünge ausgeschlossen. Die Beweislast liegt bei der Person, die sich auf diese Nachteile beruft, meist bei der Frau.

Wir fordern, die Beweislast umzukehren. Und wenn eine Ehe von langer Dauer ist, sollen ehebedingte Nachteile zu vermuten sein.

3. Befristung oder Begrenzung des Unterhaltes 

Können Frauen einen ehebedingten Nachteil nicht nachweisen, was meist der Fall ist, wird der Unterhalt herabgesetzt oder zeitlich begrenzt; in München derzeit auf 1/3 bis 1/4 der Ehezeit.

Wir fordern die ausdrückliche Klarstellung, dass die Befristung und die Begrenzung des nachehelichen Unterhaltes die Ausnahme und nicht die Regel sein soll. Bei einer Ehe von langer Dauer soll eine Begrenzung oder Herabsetzung nur stattfinden, sofern dies nicht grob unbillig ist.

Gerade für diese Fälle, wie alle sog. Altfälle, sehen wir ein hohes soziales Konfliktpotential und die Altersarmut dieser Frauen in die Höhe schnellen.

4. Betreuungsunterhalt

Klargestellt werden sollte ferner, dass auch wegen der Betreuung eines 3 Jahre und älteren Kindes Unterhalt gefordert werden kann.

Zudem bedarf es eines qualifizierten Ausbaues der Kinderbetreuung. Trotz erheblicher Bemühungen kann von flächendeckender Kinderbetreuung nicht die Rede sein.

5. Drittelmethode oder „Menage a trois“

Schließlich besteht hinsichtlich der Rangfolge des § 1609 Nr. 2 BGB Änderungsbedarf. Hier findet, sofern eine zweite Ehe eingegangen wird und minderjährige Kinder vorhanden sind oder eine nichteheliche Mutter hinzutritt, durch das Zusammenrechnen der Einkünfte, die alle in eine Bedarfsberechnung eingestellt werden, eine Vermischung der Finanzen statt. Dies kann vom Gesetzgeber schon im Hinblick auf Art. 6 GG so nicht gewollt sein. Derzeit erfolgt eine Ausweitung der ehelichen Lebensverhältnisse der ersten Ehe auf die zweite Ehe. Wir meinen, die ehelichen Lebensverhältnisse können nur für jede Ehe individuell betrachtet werden. Ansonsten müsste man davon ausgehen, der Gesetzgeber wollte mit seinem Wunsch der Stärkung der Zweit- oder Drittehe eine serielle Polygamie begünstigen.

Im September 2010 fand in Berlin von der Arbeitsgemeinschaft Familienrecht des DAV eine Veranstaltung statt, die mit 240 Teilnehmern, darunter Anwältinnen und Anwälte, Richterinnen und Richtern, auch des BGH, regen Zuspruch fand und deutlich machte, dass klarer Handlungsbedarf besteht.

Auf unsere Initiative hin fand am 17.11.2010 eine Veranstaltung zusammen mit dem Stadtbund und dem Deutschen Juristinnenbund in der Seidl Villa am Nicolai Platz statt. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger wurde geladen, um zu den uns wichtigen Themen Stellung zu nehmen; insbesondere zu den Missständen im Unterhaltsrecht. Die Ministerin räumte ein, dass sie „wäschekörbeweise“ Beschwerdebriefe bekäme und sich dem Thema ernsthaft annehmen werde. Sie wolle jedoch nicht sofort nach der Reform aktiv werden, sondern die Entwicklung der Rechtsprechung, die ggf. Ausgleich schaffen kann, abwarten.Derzeit sei ihr Ministerium dabei, die vorliegenden BGH-Urteile auszuwerten um auf dieser Grundlage Entwürfe für Gesetzesänderungen vorzulegen.

Erfreulicherweise wurde in zwei neueren Entscheidungen des BGH vom Oktober diesen Jahres, die aktuell veröffentlich wurden, die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich des ehebedingten Nachteils erleichtert. Im Einzelfall können Unterhaltsberechtigte ihrer sekundären Darlegungslast genügen, so der BGH, wenn sie vortragen, dass in dem von ihnen erlernten Beruf Gehaltssteigerungen in einer bestimmten Höhe mit zunehmender Berufserfahrung bzw. Betriebszugehörigkeit üblich sind.

Über die weitere Entwicklung werden wir berichten und Sie auf dem Laufenden halten. Wir werden und wollen nicht nachlassen, bis angemessene Regelungen vorliegen.


Internationales Scheidungsrecht ab 2010 vereinfacht

14 EU Länder, darunter auch Deutschland, haben sich am 03.12.2010 geeinigt, welches nationale Scheidungsrecht und welches Gericht künftig zuständig ist bei Ehepartnern unterschiedlicher Nationalität oder wenn ihr Lebensmittelpunkt in einem anderen Land als ihrem Heimatland besteht. Dem sog. „Forum Shopping“, d.h. dem Einreichen der Scheidung dort, wo es am günstigsten ist, wurde somit in den Ländern, die beigetreten sind, ein Ende gesetzt.


Renate Maltry

Rechtsanwältin
Fachanwältin für Erbrecht
Fachanwältin für Familienrecht