Die nichteheliche Lebensgemeinschaft

Immer mehr Paare entscheiden sich heute bewusst gegen eine Heirat. Solange die Lebensgemeinschaft intakt ist, ist dies auch meist kein Problem. Aber was, wenn sich die Partner trennen?

Im Gesetz sind die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft nicht im gleichen Umfang „geschützt“ wie Ehepartner.

Zum einen gibt es nicht die steuerlichen Privilegien wie bei Verheirateten. Aber auch im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge wird man nicht automatisch bedacht, wenn ein Partner stirbt. Allerdings gibt es die Möglichkeit, den anderen Partner im Testament zu bedenken.

Im Unterhaltsrecht hat sich in der Rechtsprechung - im Vergleich zu früher - etwas getan. Ist ein gemeinsames Kind geboren, so schuldet der Kindesvater der Kindesmutter Unterhalt nach § 1615 l BGB, jedenfalls bis das gemeinsame Kind 3 Jahre alt geworden ist. Ob darüber hinaus noch ein Unterhaltsanspruch besteht ist dann im Einzelfall zu entscheiden. Davon unbenommen ist der Kindesunterhalt bei Minderjährigen. Diesen schuldet als sog. Barunterhalt immer der Elternteil, bei dem das Kind nicht lebt, gleichgültig ob man verheiratet war oder nicht.

Auch im Vermögensrecht tut sich – wenn auch sehr langsam – etwas in der Rechtsprechung. Unter Umständen gibt es nun die Möglichkeit von seinem Partner einen Ausgleich zu erhalten, wenn man beispielsweise eigenes Vermögen oder Arbeitskraft in die Immobilie oder das Unternehmen des anderen gesteckt hat.

Die Partner einer Lebensgemeinschaft können jedoch vertragliche Regelungen über die Folgen bei einer Trennung treffen, ähnlich einem Ehevertrag.

Alexandra Oldekop
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Familienrecht


Die gemeinsame elterliche Sorge nicht verheirateter Eltern

Gemäß § 1626 a BGB steht bei nicht verheirateten Eltern zunächst der Mutter die alleinige elterliche Sorge für ein gemeinsames Kind zu.

Wollen Eltern die elterliche Sorge gemeinsam ausüben, kann eine Sorgerechtserklärung gegenüber dem Jugendamt oder einem Notar abgegeben werden. Hierdurch legen die Eltern einvernehmlich fest, dass für das gemeinsame Kind die gemeinsame elterliche Sorge besteht, somit der nicht verheiratete Vater gleichberechtigter Sorgeberechtigter wird.

Ist die Mutter mit der gemeinsamen elterlichen Sorge nicht einverstanden, hat der nicht verheiratete Vater die Möglichkeit, beim zuständigen Familiengericht die gemeinsame elterliche Sorge für das gemeinsame Kind zu beantragen.

Widerspricht die gemeinsame elterliche Sorge nicht dem Wohl des Kindes, legt das Familiengericht durch gerichtlichen Beschluss die gemeinsame elterliche Sorge fest. Das Familiengericht trifft eine Prognoseentscheidung für die Zukunft. Nachdem die elterliche Sorge im Vorfeld nie gemeinsam ausgeübt wurde, kann auf keine Erfahrungswerte zurückgegriffen werden. Zudem wird gesetzlich vermutet, dass die gemeinsame elterliche Sorge dem Wohl des Kindes entspricht, wenn keine entgegenstehenden Gründe vorgetragen werden.

Wird ein Sorgerechtsantrag gestellt, muss die Kindesmutter somit gegebenenfalls im Rahmen des gerichtlichen Sorgerechtsverfahrens Gründe des Kindeswohls vortragen, welche gegen die gemein-same elterliche Sorge sprechen. Hierzu wird von Gerichten immer wieder entschieden, dass die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge nur dem Kindeswohl entspricht, wenn eine Kommunikationsbereitschaft und ein Grundkonsens der Eltern vorhanden sind.
Fehlt es hieran bzw. ist die Kommunikation der Eltern schwerwiegend gestört, entspricht die gemeinsame elterliche Sorge nicht dem Kindeswohl. Gleiches gilt, wenn Eltern keine gemeinsamen Entscheidungen finden können. Wird durch die Einräumung der gemeinsamen elterlichen Sorge ein Kind belastet, muss davon abgesehen werden.

Um dem Familiengericht eine Prognoseentscheidung zu ermöglichen, muss gegebenenfalls durch ein familienpsychologisches Sachverständigengutachten geklärt werden, ob eine tragfähige Kommunikations- und Kooperationsebene vorhanden ist oder durch professionelle Hilfe hergestellt werden kann.

Sind Eltern hoch zerstritten und nicht in der Lage, übereinstim-mende Entscheidungen in Bezug auf ihr Kind zu treffen, würde die gemeinsame elterliche Sorge dem Kind schaden. Dies würde auch für eine Testphase gelten.

Fehlt es somit an einer tragfähigen sozialen Beziehung der Eltern und ist nicht zumindest ein Mindestmaß an Übereinstimmung vorhanden, kann ein gerichtlicher Antrag auf Einräumung der gemeinsamen elterlichen Sorge keinen Erfolg haben und muss abgewiesen werden.
Eine fehlende Übereinstimmung in grundsätzlichen Fragen wurde von der Rechtsprechung beispielsweise angenommen, wenn der Kindesvater die gemeinsame elterliche Sorge beantragt und nicht damit einverstanden ist, dass der Aufenthalt des Kindes überwiegend bei der Kindesmutter verbleibt.

Nichtsdestotrotz reichen regelmäßige Unstimmigkeiten oder ein angespanntes Verhältnis nach einer Trennung grundsätzlich nicht aus, um die elterliche Sorge alleine bei der Kindesmutter zu belassen, wenn der Vater die gemeinsame Sorge gerichtlich beantragt.

Manuela Wodniak
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Familienrecht


Kann ein Wechselmodell gerichtlich angeordnet werden?

Nach der bisher überwiegend in der Rechtsprechung und in der Literatur vertretenen Auffassung konnte ein Wechselmodell, somit eine hälftige Aufteilung der Betreuung gemeinsamer Kinder durch beide Elternteile von einem Gericht gegen den Willen eines Elternteils in einem Sorgerechtsverfahren nicht gerichtlich angeordnet werden.

Der BGH hat nun mit Beschluss vom 1.2.2017 entschieden, dass eine gerichtliche Umgangsregelung, die im Ergebnis zu einer gleichmäßigen Betreuung des Kindes durch beide Eltern im Sinne eines paritätischen Wechselmodells führt, vom Gesetz nicht ausgeschlossen ist.

Beantragt ein sorgeberechtigter Kindesvater vor dem zuständigen Familiengericht ein Umgangsrecht, welches im Ergebnis einem Wechselmodell und somit einer Betreuung des Kindesvaters zu 50 % gleichkommt, kann ein Wechselmodell als gerichtliche Festsetzung eines Umgangsrechts mittels gerichtlicher Entscheidung angeordnet werden, wenn eine Betreuung zu 50 % dem Wohl des Kindes am besten entspricht und eine Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit der Eltern gegeben ist.

Der BGH führt in seinem Beschluss vom 1.2.2017 zwar aus, dass es dem Kindeswohl nicht entspricht, ein Wechselmodell zu dem Zweck anzuordnen, eine Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit erst herbeizuführen.

Dass ein Familiengericht im Rahmen eines Umgangsverfahrens ein Kontaktrechte des Kindesvaters gerichtlich anordnet, welches einer 50 %igen Betreuung und somit einem Wechselmodell gleichkommt, sieht der BGH aber von Gesetzes wegen nicht als ausgeschlossen an. Dies auch, wenn sich ein Elternteil ausdrücklich gegen ein Wechselmodell ausspricht.

Voraussetzung, dass ein Familiengericht ein Wechselmodell im Rahmen eines Umgangsverfahrens allerdings gerichtlich anordnen kann, ist eine bestehende Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit der Eltern. Ferner muss eine Aufteilung der Betreuungszeiten zu je 50 % dem Kindeswohl am besten entsprechen.

Der BGH stellt ausdrücklich klar, dass bei einem konfliktbelasteten Verhältnis der Eltern eine gerichtliche Anordnung eines paritätischen Wechselmodells dem Kindeswohl nicht entsprechen würde und somit in der Regel auch als Umgangsanordnung nicht möglich sein wird.

Das Familiengericht ist im Rahmen eines Umgangsverfahrens verpflichtet aufzuklären, was dem Kindeswohl am meisten entspricht. Hierzu wird in der Regel auch eine persönliche Anhörung des Kindes erforderlich sein.

Der BGH stellte somit in seinem Beschluss vom 1.2.2017 ausdrücklich klar, dass eine gerichtliche Anordnung des Wechselmodells als Ausgestaltung des Umgangsrechts auch gegen den Willen des Elternteils nicht grundsätzlich unzulässig bzw. ausgeschlossen ist.

Mit dieser neuen Entscheidung des BGH sind daher in der Zukunft vermutlich vermehrt mit gerichtlichen Umgangsanträgen auf Betreuungszeiten in einer Größenordnung von 50 % zu erwarten. Wendet sich ein Elternteil gegen eine hälftige Aufteilung der Betreuung des Kindes, wird die Frage, ob eine verlässliche Kommunikationsebene besteht und ob eine hälftige Aufteilung der Betreuungszeiten dem Kindeswohl am meisten entspricht, entscheidend sein.

Wird beides bejaht, kann künftig ein Familiengericht Umgangszeiten per Beschluss anordnen, welche einer hälftigen Betreuung des Kindes entsprechen.

Manuela Wodniak
Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht


Formerfordernisse von Scheidungsfolgenvereinbarungen

Im Zuge der Trennung und einer eventuell späteren Scheidung gibt es unter den Eheleuten viele Themen zu regeln.

Es kommt oft vor, dass die Eheleute selbst einen Vertrag zu den offenen Punkten entwerfen und diesen unterschreiben. Dabei wissen die Eheleute meistens nicht, dass gewisse Angelegenheiten des Familienrechts formbedürftig sind, d.h. einer bestimmten "Beurkundungsform" bedürfen, um wirksam zu sein.

Die Nichtbeachtung der Form führt zur Nichtigkeit der Regelung!

Hintergrund dieser „Formpflicht“ ist, dass der Gesetzgeber damit den sozial schwächeren und unterlegenen Ehegatten vor gravierenden nachteiligen Regelungen schützen möchte. Beide Eheleute sollten sich juristisch beraten lassen, bevor sie formbedürftige Regelungen unterzeichnen. So soll vermieden werden, dass eine Seite übergangen wird.

Nicht alle Themen unterliegen dieser Formbedürftigkeit. Ebenso kommt es darauf an, zu welchem Zeitpunkt man diesen Vertrag schließt: vor oder nach der rechtskräftigen Scheidung.

Z.B. ist für den Zugewinnausgleich speziell in § 1378 Abs. 3 BGB, geregelt, dass während der Auflösung der Ehe eine Vereinbarung über den Ausgleich entweder der notariellen Beurkundung oder der Protokollierung vor dem in der Ehesache zuständigen Gericht bedarf.

Auch die Verteilung von Haushaltsgegenständen kann formbedürftig sein, wenn diese nicht den Verteilungsvorschriften der §§ 1361a, 1568b unterliegen, gleichwohl aber vom Zugewinnausgleich ausgenommen sein sollen.

Vom Gesetz abweichende Vereinbarungen zum Versorgungsausgleich (§ 1408 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 6, 8 VersAusglG) sind vor Rechtskraft der Entscheidung über den Wertausgleich ebenfalls formbedürftig.

Dies gilt ebenso über Regelungen die den nachehelichen Ehegattenunterhalt betreffen.

Eine vertragliche Vereinbarung über künftigen – vom Gesetz abweichenden - Trennungsunterhalt ist generell – auch notariell - nur sehr eingeschränkt möglich.

Für einige dieser Punkte besteht nach rechtskräftiger Scheidung die Formbedürftigkeit nicht mehr.

Zudem wird oft die Frage aufgeworfen, ob das Beurkundungserfordernis bei Eheverträgen (und damit auch bei Scheidungsvereinbarungen) auch die Rechtsgeschäfte erfasst, die zwar an sich formfrei möglich sind, nach dem Willen der Vertragsteile aber mit der beurkundungsbedürftigen Vereinbarung, beispielsweise der Vereinbarung über den Zugewinnausgleich derart verbunden sind, dass diese Vereinbarungen "miteinander stehen oder fallen sollen". Von der Literatur wird dies unterschiedlich behandelt. Die Rechtsprechung hat sich noch nicht ausdrücklich geäußert. Es macht jedoch Sinn, wenn man sowieso schon für gewisse Angelegenheiten eine Beurkundungspflicht hat, gleich die damit zusammenhängenden Themen mit zu beurkunden.

Sie sollten sich generell in jedem Fall juristisch beraten lassen, bevor Sie irgendetwas – sei es auch notariell – unterschreiben.

Im Nachhinein ist es meist schwierig, getroffene Vereinbarungen rückgängig zu machen.

Alexandra Oldekop
Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht


Wer bekommt die Ehewohnung?

Eine der ersten Fragen bei einer Trennung oder im Vorfeld einer Trennung ist: Wer zieht aus?
Grundsätzlich kann bei einer Trennung kein Ehegatte vom anderen verlangen, die Ehewohnung zu verlassen. Dies ist völlig unabhängig von Eigentumsverhältnissen.
Die Ehewohnung ist und bleibt während der Trennungszeit bei Eheleuten ein geschützter Bereich.

Können sich Eheleute nicht einigen, muss gegebenenfalls ein gerichtliches Verfahren geführt werden. Jeder Ehegatte kann daher beim zuständigen Familiengericht die Zuweisung der Ehewohnung beantragen, dies sowohl für die Zeit des Getrenntlebens als auch endgültig für die Zeit nach einer Ehescheidung.

Während der Trennung kann ein Ehepartner die Ehewohnung zur alleinigen Nutzung verlangen, um eine unbillige Härte zu vermeiden.
Eine unbillige Härte gem. § 1361 b BGB liegt bei getrennt lebenden Eheleuten z.B. vor, wenn ein im Haushalt lebendes Kind oder der Ehegatte selbst misshandelt wird, Beleidigungen oder Drohungen ausgestoßen werden, randaliert wird, massive regelmäßige Streitereien ausgetragen werden und die hierdurch verursachten Spannungen ein weiteres Zusammenleben unter einem Dach nicht mehr möglich erscheinen lassen.
Grundsätzlich müssen die Trennungsstreitigkeiten ein Ausmaß erreichen, welches die weitere beidseitige Nutzung der Ehewohnung unzumutbar macht.
Besonders schützenswert sind hierbei gemeinsame im Haushalt lebende Kinder. Wird ein Kind durch regelmäßige Auseinandersetzungen der Eltern belastet oder ist deswegen eine seelische Beeinträchtigung zu befürchten, wird die Wahrung des Kindeswohls im Rahmen einer gerichtlichen Entscheidung immer im Vordergrund stehen.
Um schnelles gerichtliches Einschreiten zu erreichen, besteht die Möglichkeit eines sog. einstweiligen Rechtschutzes (Eilverfahren).
Jedenfalls können Gründe des Kindeswohls zu einer gerichtlichen Zuweisung der Ehewohnung an den betreuenden Elternteil führen, dies auch ohne Gewaltanwendung.
Müssen Kinder geschützt werden, spielen Eigentumsverhältnisse an der Ehewohnung regelmäßig keine Rolle.
Ist Gewalt im Spiel, kann eine Wohnungszuweisung auch nach dem Gewaltschutzgesetz (GewSchG) beantragt werden und zwar auch von nichtehelichen Lebenspartnern. Das GewSchG ist im Gegensatz zu § 1361 b BGB auch auf nicht verheiratete Paare anwendbar.

Manuela Wodniak
Fachanwältin für Familienrecht


Ausgleichsanspruch trotz Gütertrennung?

Haben die Ehegatten ehevertraglich anstatt des gesetzlichen Güterstandes (Zugewinngemeinschaft) die Gütertrennung vereinbart, bedeutet dies nicht gleichzeitig, dass einem Ehegatten keine vermögensrechtlichen Ausgleichsansprüche zustehen.
Ein Ehevertrag zum Güterrecht schließt nicht unbedingt sämtliche Ausgleichsansprüche unter Ehegatten aus.

Ausgleich nach den Grundsätzen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts

Es kann tatsächlich vorkommen, dass Eheleute einen „Gesellschaftsvertrag“ eingehen, wenn sie gemeinsame Vermögenswerte schaffen und diese anschließend gemeinsam verwalten. Bei „Ausscheiden“ aus dieser Gesellschaft (z.B. aufgrund Trennung/Scheidung) wäre zu prüfen, ob dem ausscheidenden Gesellschafter nach den gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen ein Ausgleichsanspruch gegen den anderen Gesellschafter/Ehegatten zusteht. Voraussetzung hierfür ist, dass die Eheleute mit dem Erwerb eines Vermögensgegenstandes (z.B. Immobilie, Firma) einen gemeinschaftlichen Wert schaffen wollen, der für die Dauer ihrer Lebensgemeinschaft nicht nur gemeinsam genutzt werden soll, sondern der ihnen auch gemeinsam gehören soll.

Ausgleich sog. ehebedingter Zuwendungen

Ehebedingte Zuwendungen sind solche Zuwendungen unter Ehegatten, denen die Vorstellung oder Erwartung zu Grunde liegt, dass die eheliche Lebensgemeinschaft Bestand haben werde, oder die sonst um der Ehe willen oder als Unterhaltsbeitrag zur Verwirklichung oder Ausgestaltung, Erhaltung oder Sicherung der ehelichen Lebensgemeinschaft erbracht werden und die darin ihre Geschäftsgrundlage haben. Wenn derartige ehebedingte Zuwendungen erbracht werden, kann auch bei Vorliegen eines Ehevertrages mit Gütertrennung nach den sogenannten Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage ein Rückforderungsanspruch entstehen. Voraussetzung insoweit ist, dass die Zuwendungen im Vertrauen auf den Fortbestand der Ehe erbracht worden sind.

Interessenabwägung

Stets ist eine Interessenabwägung vorzunehmen, in welcher die Ehedauer, das Alter der Parteien, Art und Umfang der erbrachten Leistungen, Einkommens- und Vermögensverhältnisse usw. einfließen. Dabei spielt ebenso eine Rolle, ob die Beibehaltung der durch die Leistung geschaffenen Vermögensverhältnisse gegen Treu und Glauben verstößt. Auch wenn im Ehevertrag Gütertrennung vereinbart wurde, sollte man mit einer Rechtsanwältin die Möglichkeiten anderer vermögensrechtlicher Ausgleichsansprüche besprechen.


Alexandra Oldekop
Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht


Impfen ja oder nein? Und wer darf entscheiden?

Bei der Frage des Impfens scheiden sich oft die Geister. Eltern mit kleinen Kindern ist dies bekannt. Die Debatte nahm in den letzten Jahren sehr zu. Oft schwingt die Angst vor eventuellen Impfschäden mit. Andererseits können die Folgen des Nichtimpfens auch gravierend sein. Schließlich wollen alle Eltern sicher immer das Beste für ihr Kind.
Leben Eltern getrennt, so ist bei Entscheidungen, in Angelegenheiten deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, das gegenseitige Einvernehmen von Eltern, denen die elterliche Sorge gemeinsam zusteht, erforderlich (§ 1687 Abs.1 Satz 1 BGB). Handelt es sich um Angelegenheiten des täglichen Lebens, dann hat der Elternteil, bei dem sich das Kind mit Einwilligung des anderen Elternteils gewöhnlich aufhält, die Befugnis zur alleinigen Entscheidung (§1687 Abs.1 Satz 2 BGB).
Handelt es sich also beim Impfen um eine Angelegenheit des täglichen Lebens, eine sog. Alltagsentscheidung, so darf bisher der Ehegatte, bei dem das Kind mit Einverständnis des anderen Elternteils lebt, alleine entscheiden.
Hierfür spricht, dass es sozusagen eine Routineangelegenheit ist, die in Vorsorgeuntersuchungen mit erledigt wird.

Was eine Alltagsangelegenheit ist, wird in § 1687 Abs. 1 S. 3 BGB definiert. Dies sind Angelegenheiten, die häufig vorkommen und die keine schwer abzuändernden Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes haben.
Das Amtsgericht Darmstadt fand nun, dass die Entscheidung hinsichtlich des Impfens eine Alltagsentscheidung sei, die Entscheidung des Nichtimpfens aber eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung.
Vor diesem Hintergrund hat das OLG Frankfurt, dem die Entscheidung des Amtsgerichts Darmstadt vorgelegt wurde, das Impfen an sich als eine wesentliche Angelegenheit erachtet.
Entgegen der bisher oft vertretenen Ansicht, dass die Entscheidung des Impfens von dem betreuenden Elternteil alleine vorgenommen werden könne, entschied das OLG, dass eine Impfung immer eine Frage von erheblicher Bedeutung für das Kind sei.
Dies beinhaltet die Frage des Ob und des Wie der Impfung.
Denn wenn Impfungen durchgeführt werden, könne es im Einzelfall zu negativen gesundheitlichen Folgen bei dem Impfling kommen. Unterbliebe eine Impfung, so bestünde die Gefahr der Ansteckung.
Das Gericht verwies auf die mit dem Unterlassen der Impfung ggf. einhergehenden weiteren Folgen. Diese sind bei Verdacht auf Masern, Diphterie und Keuchhusten ein Besuchsverbot in Schulen gem. § 34 Infektionsschutzgesetz.
Eine Entscheidung des BGH liegt hierzu noch nicht vor.

Fazit ist: Impfungen gewinnen immer mehr an Gewicht. Es sollte deshalb ein Konsens zwischen den Eltern gesucht werden. Ist dies nicht möglich, so ist eine gerichtliche Entscheidung herbeizuführen (§1628 BGB).


Renate Maltry
Fachanwältin für Familien- und Erbrecht