Wissenswertes 2005

Kindesunterhalt

Ab 01.07.2005 traten die neue Düsseldorfer Tabelle und die neuen Süddeutschen Leitlinien in Kraft.
Sofern Ihnen ein sog. dynamisierter Titel auf Kindesunterhalt vorliegt, können die Erhöhungen damit unmittelbar ab Juli 2005 geltend gemacht werden. Sollten Sie keinen dynamisierten Unterhaltstitel vorliegen haben, müssen Sie die Abänderung des Titels beantragen. Wenden Sie sich hierzu entweder an das Jugendamt oder eine anwaltliche Vertretung.

Die Regelbeträge wurden zum 01.07.2005 um 2,4 % angehoben.
Die Düsseldorfer Tabelle gilt für den Barunterhalt aller ehelichen und nichtehelichen minderjährigen, und der noch im elterlichen Haushalt lebenden unverheirateten volljährigen Kinder.

Die Düsseldorfer Tabelle enthält Richtsätze, die sich als Erfahrungswerte verstehen, die den Lebensbedarf des Kindes auf der Grundlage durchschnittlicher Lebenshaltungskosten typisiert, um so eine möglichst gleichmäßige Behandlung gleicher Sachverhalte zu erreichen.
Bei beengten Verhältnissen kann der Kindesunterhalt generell aus der Gruppe 1 der Düsseldorfer Tabelle entnommen werden.

Die Düsseldorfer Tabelle geht regelmäßig von Unterhaltsleistungen an zwei Unterhaltsberechtigte aus.

Bei einer Abweichung von diesem Regelfall kann eine Höher- oder eine Herabstufung um eine Einkommensgruppe für jeden Unterhaltsberechtigten vorgenommen werden.
Wenn also Unterhalt für nur ein Kind verlangt wird, kann eine Höherstufung um eine Gruppe erfolgen, wird Unterhalt für drei Kinder verlangt, kann eine Herabstufung um eine Gruppe erfolgen.

Bei einem minderjährigen Kind ist eigenes Einkommen, z.B. ein Ausbildungsgehalt gekürzt um einen ausbildungsbedingten Mehrbedarf zur Hälfte anzurechnen.

Für Studenten, Schüler und Auszubildende bei eigenem Hausstand gilt ab 01.07.2005 der feste Bedarfssatz von 640,00 € (davon Kosten für Unterkunft und Heizung 270,00 €).
Beim volljährigen Kind kürzt das eigene Einkommen voll den Bedarf.
Die Eltern haften für die Bedarfssätze volljähriger Kinder jeweils anteilig.
Bei einem volljährigen Schüler bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, der im Haushalt eines Elternteils lebt, gilt ebenfalls die anteilige Elternhaftung gem. § 1606 III 1 BGB, wobei sich der Bedarf bei Leistungsfähigkeit beider Eltern nach deren zusammengerechneten Einkommen und der Düsseldorfer Tabelle Altersstufe 4 richtet.

Das Kindergeld wird nicht zum Einkommen gerechnet, sondern nach § 1612 b BGB ausgeglichen, deshalb gilt die sog. Kindergeldverrechnungstabelle. Maßgeblich sind somit die Tabellen mit den Zahlbeträgen am Ende des Schriftstücks. Hier ist das Kindergeld bereits zur Hälfte abgezogen.

Die Selbstbehaltsbeträge wurden erhöht.
Der Selbstbehalt ist der eigene Unterhaltsbedarf, der dem Zahlenden, dem Pflichtigen, immer bleiben muss. Er muss nach einer Entscheidung des BGH so hoch sein, dass der Unterhaltsverpflichtete nicht sozialhilfebedürftig wird (BGH FamRz 2000, 221).

Hierbei sind alle Einkünfte des Unterhaltspflichtigen zu berücksichtigen, auch Mittel, die für die Vermögensbildung berücksichtigt wurden.

Es ist zu unterscheiden zwischen dem notwendigen - angemessenen – eheangemessenen - Selbstbehalt.

Der notwendige Selbstbehalt gilt gegenüber minderjährigen Kindern und Schülern bis 21 Jahre, der noch im Haushalt eines Elternteils lebt. Der notwendige Selbstbehalt ist gleich das Existenzminimum, das einem Unterhaltszahlenden verbleiben muss.

Beträge ab 01.07.2005:
890,00 € gegenüber einem Erwerbstätigen.
770,00 € gegenüber einem Nichterwerbstätigen.
Hierin sind enthalten 360,00 € Mietkosten.

Der angemessene Selbstbehalt gilt gegenüber einem Volljährigen, einer nicht verheirateten Mutter aus Anlass der Geburt und Elternunterhalt.
Er beträgt 1.100,00 € bei einem volljährigen Kind und Enkeln ab 01.07.2005.
Im angemessenen Selbstbehalt sind 450,00 € Mietkosten (Unterkunft mit Heizung) enthalten.
Gegenüber Eltern beträgt der Selbstbehalt 1.400,00 €.
Gegenüber einer Mutter, die aus Anlass der Geburt Unterhalt geltend macht, beträgt der Selbstbehalt 1.000,00 €.

Beim eheangemessenen Selbstbehalt (errechnet aus Bedarf des Berechtigten plus Erwerbstätigenbonus des Pflichtigen) ist die Untergrenze der notwendige Selbstbehalt als Existenzminimum 890,00 €/ 770,00 €.

Haushaltsführung für den neuen Partner:
Bei Haushaltsführung einer „nur Hausfrau“ für den neuen Partner wird ein Betrag zwischen 200,00 € und 550,00 € angesetzt. Maßgebend ist, ob nicht nur eine reine Wohn-, sondern eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft vorliegt.

Kinderbetreuungskosten:
Wird eine ausgeübte Berufstätigkeit trotz Betreuung kleiner Kinder nach Trennung fortgesetzt oder aufgenommen, können Kinderbetreuungskosten geltend gemacht werden.
Außerdem kann ein sog. Betreuungsbonus angesetzt werden.

BGH-Urteil vom 23.02.2005:
Erstmals hat der BGH entschieden, dass Kosten, die dem Unterhaltspflichtigen in Ausübung des Umgangsrechts entstehen, weil er die Kinder von einem mehr oder weniger entfernten Aufenthaltsort zur Ausübung des Umgangs abzuholen und während der Umgangskontakte zu beherbergen und zu verköstigen hat, angerechnet werden.
Dies gilt jedoch nur für Einkünfte bis zur 6. Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle und bei Einkünften, bei denen dem Unterhaltspflichtigen nur der Selbstbehalt verbleibt. Und zwar dann, wenn dem Unterhaltspflichtigen das Kindergeld ganz oder teilweise nicht zu Gute kommt und er die Kosten nicht aus den Mitteln bestreiten kann, die ihm über dem notwendigen Selbstbehalt hinaus verbleiben.

Renate Maltry
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Familienrecht


Nachehelicher Unterhalt

Entscheidung des BGH XII. ZS, Urteil vom 11.05.2005 – XII ZR 211/02 (Tenor auszugsweise)

I. Aufstockungsunterhalt gem. § 1573 Abs. 2 BGB wird geschuldet, wenn die Anspruchsvoraussetzungen zurzeit der Scheidung vorgelegen haben. Dass der Unterhaltsanspruch erst zu einem späteren Zeitpunkt geltend gemacht wird, ist ohne Bedeutung.

II. Für die Ermittlung des unterhaltsrelevanten Einkommens des –wiederverheirateten - Unterhaltspflichtigen ist bei der Bemessung des Ehegattenunterhalts ein ggf. vorhandener Splittingvorteil außer Betracht zu lassen und eine fiktive Steuerberechnung anhand der Grundtabelle vorzunehmen. Kindern aus einer früheren Ehe des Unterhaltspflichtigen kommt demgegenüber, der mit der Wiederheirat verbundene Steuervorteil zugute.

III. Die von einem Unterhaltspflichtigen erbrachten Leistungen für ein Stiefkind haben bei der Bemessung des Unterhalts des geschiedenen Ehegatten und der aus der früheren Ehe hervorgegangenen Kinder außer Betracht zu bleiben.

IV. ....

V. Sowohl dem Unterhaltsberechtigten als auch dem Unterhaltspflichtigen Ehegatten ist grundsätzlich zuzubilligen, einen Betrag bis zu 4 % Ihrer jeweiligen Gesamtbruttoeinkommen des Vorjahres für eine – über die primäre Altersversorgung hinaus betriebene - zusätzliche Altersvorsorge einzusetzen.

Anmerkung zu I. und II.
Der BGH bestätigt seine bisherige Rechtssprechung, wonach die Voraussetzungen des Unterhalts, hier des Aufstockungsunterhalts (= Unterhalt bei unterschiedlich hohen eheprägenden Einkünften), bei Scheidung vorliegen müssen. Ist dies der Fall, so ist es unschädlich, wenn der Unterhaltsanspruch erst später geltend gemacht wird. Allerdings wird der Unterhalt erst ab Geltendmachung geschuldet, d. h. ab dem Zeitpunkt, wo die Unterhaltsberechtigte dem Unterhaltspflichtigen mitteilt, dass er Unterhalt verlangt.
Nimmt der Unterhaltsverpflichtete nach Scheidung wegen Wiederverheiratung die Lohnsteuerklasse 3 in Anspruch, berechnet sich der Unterhalt des geschiedenen Ehegatten aufgrund Lohnsteuerklasse 1, d. h. ohne Berücksichtigung des Steuervorteils aus der zweiten Ehe.

Anmerkung zu III.
Im vorliegenden Fall stammte das Stiefkind aus der früheren Ehe der zweiten Ehefrau des Unterhaltspflichtigen. Nachdem der Unterhaltsberechtigte dem Stiefkind gegenüber nicht zum Unterhalt verpflichtet ist, sind Leistungen, die der Unterhaltspflichtige an das Stiefkind erbringt für den Unterhaltsanspruch der ersten Ehefrau nicht relevant. Im vorliegenden Fall hat der BGH noch einmal gesetzeskonform ausgeführt, dass grundsätzlich die erste Ehefrau bei der Unterhaltsberechnung vorrangig ist. Achtung: Nach dem Referentenentwurf des Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsrecht werden die Rangverhältnisse der Unterhaltsberechtigten gesetzlich geändert. Grundsätzlich sollen alle minderjährigen Kinder, somit auch die Kinder aus einer zweiten Ehe oder Beziehung des Unterhaltspflichtigen vorrangig sein. Die kinderbetreuende erste Ehefrau und kinderbetreuende zweite Ehefrau sollen gleichrangig werden. Es wird beabsichtigt, Ausnahmen in das Gesetz aufzunehmen, um Härtefälle für die erste Ehefrau, insbesondere im Falle einer langjährigen Ehe, zu vermeiden.

Anmerkung zu V.
Im vorliegenden Fall hatte der Unterhaltsverpflichtete eine Direktversicherung, die der Arbeitgeber zu Gunsten des Unterhaltspflichtigen abgeschlossen hatte. Bei dieser Direktversicherung handelte es sich um eine Versicherung auf Rentenbasis mit Kapitalwahlrecht. Die Ehefrau hatte eingewandt, dass es sich bei der Direktversicherung um eine Kapitalbildung und damit keine unterhaltsrechtlich zu berücksichtigende Vorsorgeaufwendung für das Alter handelte. Demgegenüber hat der BGH ausgeführt, dass im Hinblick auf die Entwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung der Lebensstandard im Alter nur dann gesichert ist, wenn zur primären Altersvorsorge (gesetzliche Rentenversicherung) private Leistungen für eine Altersvorsorge erbracht werden. Folglich hat der BGH die Aufwendungen des Unterhaltspflichtigen für eine zusätzliche Altersvorsorgung im angemessenen Rahmen als einkommensmindernd anerkannt. Im angemessenen Rahmen sind nach Auffassung des BGH die Aufwendungen bis zu 4 % des Gesamtbruttoeinkommens des Vorjahres


Christa Weigl-Schneider
Rechtsanwältin Fachanwältin für Familienrecht


Erwerbsobliegenheit bei Kinderbetreuung

Ab wann Sie arbeiten müssen, wenn Sie gemeinsame Kinder betreuen:
Bei einem Kind ist je nach konkreter Ausgestaltung der Kinderbetreuung möglicherweise zunächst nur eine teilweise Tätigkeit erforderlich.

Nach den bayerischen Oberlandesgerichten gilt dies auch bei zwei Kindern, nach den Oberlandesgerichten Karlsruhe, Stuttgart und Zweibrücken kann die Erwerbsobliegenheit ab zwei Kindern später einsetzen.

Bei einer Normalentwicklung der Kinder ist eine unter einer Halbtagstätigkeit liegende Arbeit mit fortschreitendem Alter zu steigern und wird ab Beginn der 5. Klasse den Umfang einer Halbtagstätigkeit erreichen müssen (OLG München FamRz 2000, 24).

Grundsätzlich besteht eine Erwerbsobliegenheit im ersten Trennungsjahr nicht. Wenn Sie kein gemeinsames Kind betreuen, kann eine Erwerbsobliegenheit bei einer kurzen Ehe (unter 5 Jahren) und beengten Verhältnissen auch schon vor Ablauf des Trennungsjahres einsetzen.

Der Selbstbehalt wurde erhöht. Der Selbstbehalt ist der eigene Unterhaltsbedarf, der dem Zahlenden, dem Pflichtigen, immer bleiben muss. Er muss nach einer Entscheidung des BGH so hoch sein, dass der Unterhaltsverpflichtete nicht sozialhilfebedürftig wird (BGH FamRz 2000, 221).
Hierbei sind alle Einkünfte des Unterhaltspflichtigen zu berücksichtigen, auch Mittel, die für die Vermögensbildung berücksichtigt wurden.
Es ist zu unterscheiden zwischen dem notwendigen - gemessenen – eheangemessenen - Selbstbehalt.
Der notwendige Selbstbehalt gilt gegenüber minderjährigen Kindern und Schülern bis 21 Jahre, der noch im Haushalt eines Elternteils lebt. Der notwendige Selbstbehalt ist gleich das Existenzminimum, das einem Unterhaltszahlenden verbleiben muss.

Beträge ab 01.07.2005:

  • 890,00 € gegenüber einem Erwerbstätigen.
  • 770,00 € gegenüber einem Nichterwerbstätigen.

 

Hierin sind enthalten 360,00 € Mietkosten.

Der angemessene Selbstbehalt gilt gegenüber einem Volljährigen, einer nicht verheirateten Mutter aus Anlass der Geburt und Elternunterhalt.
Er beträgt 1.100,00 € bei einem volljährigen Kind und Enkeln ab 01.07.2005. Im angemessenen Selbstbehalt sind 450,00 € Mietkosten (Unterkunft mit Heizung) enthalten. Gegenüber Eltern beträgt der Selbstbehalt 1.400,00 €.
Gegenüber einer Mutter, die aus Anlass der Geburt Unterhalt geltend macht, beträgt der Selbstbehalt 1.000,00 €.

Beim eheangemessenen Selbstbehalt (errechnet aus Bedarf des Berechtigten plus Erwerbstätigenbonus des Pflichtigen) ist die Untergrenze der notwendige Selbstbehalt als Existenzminimum 890,00 €/ 770,00 €.

Haushaltsführung für den neuen Partner:
Bei Haushaltsführung einer „nur Hausfrau“ für den neuen Partner wird ein Betrag zwischen 200,00 € und 550,00 € angesetzt. Maßgebend ist, ob nicht nur eine reine Wohn-, sondern eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft vorliegt.

Kinderbetreuungskosten:
Wird eine ausgeübte Berufstätigkeit trotz Betreuung kleiner Kinder nach Trennung fortgesetzt oder aufgenommen, können Kinderbetreuungskosten geltend gemacht werden. Außerdem kann ein sog. Betreuungsbonus angesetzt werden.

Kosten beim Umgangsrecht - BGH-Urteil vom 23.02.2005:
Erstmals hat der BGH entschieden, dass Kosten, die dem Unterhaltspflichtigen in Ausübung des Umgangsrechts entstehen, weil er die Kinder von einem mehr oder weniger entfernten Aufenthaltsort zur Ausübung des Umgangs abzuholen und während der Umgangskontakte zu beherbergen und zu verköstigen hat, angerechnet werden.

Dies gilt jedoch nur für Einkünfte bis zur 6. Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle und bei Einkünften, bei denen dem Unterhaltspflichtigen nur der Selbstbehalt verbleibt. Und zwar dann, wenn dem Unterhaltspflichtigen das Kindergeld ganz oder teilweise nicht zu Gute kommt und er die Kosten nicht aus den Mitteln bestreiten kann, die ihm über dem notwendigen Selbstbehalt hinaus verbleiben.

Renate Maltry
Rechtsanwältin Fachanwältin Familienrecht