Wissenswertes 2004

Wegfall des Unterhalts nach § 1615 l BGB bei Heirat des Kinder betreuenden Elternteils

Entscheidung des BGH vom 17.11.2004, XII ZR 183/02

Bei den Parteien handelt es sich um nicht miteinander verheiratete Eltern. Die Parteien hatten eine Beziehung aus der ein gemeinsames Kind hervorgegangen ist.

Die Mutter macht gegen den Vater einen Anspruch auf Unterhalt aus Anlass der Geburt des gemeinsamen Kindes nach § 1615 l BGB geltend. Etwa 1 ½ Jahre nach der Geburt des Kindes hat die Mutter, hier Klägerin, einen Dritten geheiratet. Sie begehrt vom Kindsvater weiterhin Unterhalt nach § 1615 l BGB auch für die Zeit nach Eheschließung.

Der BGH hat in seiner Entscheidung festgestellt, dass ab dem Zeitpunkt der Heirat eine Unterhaltspflicht für den Beklagten nicht mehr besteht. Zwar seien die Vorschriften über den nachehelichen Unterhalt auf den Unterhaltsanspruch nach § 1615 l BGB nicht unmittelbar anwendbar. Dennoch müsse hier § 1586 I BGB, der für den nachehelichen Unterhalt den Wegfall des Unterhalts bei Wiederheirat des Unterhaltsberechtigten regelt, entsprechende Geltung erlangen.

Wenn schon bei dem stärker ausgeprägten nachehelichen Unterhalt die Wiederheirat zum Wegfall des Unterhalts führt, müsse dies erst recht beim Unterhalt nicht miteinander verheirateter Eltern gelten.


Dr. Vanessa Hohenbleicher

Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht


Wirksamkeit von Eheverträgen

Bereits unter Eheverträge sind bei gravierender Benachteiligung unwirksam haben wir Sie über das Grundsatzurteil des BGH zur Wirksamkeit von Eheverträgen informiert und darauf hingewiesen, dass noch viele Fragen offen sind.

Zwischenzeitlich hat der BGH im Beschluss vom 06.10.2004 weitere Richtlinien für die Überprüfung der Wirksamkeit des Ausschlusses des Versorgungsausgleichs in einem Ehevertrag aufgestellt. Beim Versorgungsausgleich werden die Rentenanwartschaften, die die Eheleute während der Ehezeit erzielt haben, ausgeglichen.

Der BGH hat ausgeführt, dass der Versorgungsausgleich zwar an sich ausgeschlossen werden kann. Da er aber als Teil des Altersunterhalts zu verstehen sei, sei er dem Kernbereich des gesetzlichen Scheidungsfolgenrechts zuzuordnen. Das bedeutet, dass aufgrund der ehelichen Solidarität nicht einem Ehepartner allein das Risiko des Scheiterns der Ehe aufgebürdet werden kann, wenn dieser zugunsten von Haushalt und Kindern auf eine eigene Erwerbstätigkeit verzichtet.

Ist die Ehefrau wegen der Betreuung der Kinder nicht erwerbstätig und leistet damit keine Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung, wird ein Ausschluss des Versorgungsausgleichs wohl unwirksam sein.

Steuerklasse
Seit dem Veranlagungszeitraum 2004 gibt es anstelle des Kinderfreibetrages einen Entlastungsbetrag für Alleinerziehende gemäß § 24 b EStG. Liegen die Voraussetzungen vor, werden die Einkünfte nach Lohnsteuerklasse II besteuert. Den Entlastungsbetrag kann ein allein erziehender Elternteil aber nur in Anspruch nehmen, wenn er ein minderjähriges Kind betreut und nicht mit einem Partner zusammen lebt. Ansonsten werden die Einkünfte nach Lohnsteuerklasse I besteuert.

Eine Besteuerung nach Lohnsteuerklasse I oder II wirkt sich nach der allgemeinen Lohnsteuertabelle für den Veranlagungszeitraum 2004 aber erst ab monatlichem Bruttoeinkünften von 899,00 € aus. Für geringere Einkünfte fällt keine Lohnsteuer an.

Unterhaltsansprüche nicht miteinander verheirateter Elternteile
Dem Bundesverfassungsgericht liegen derzeit verschiedene Vorlagebeschlüsse von Oberlandesgerichten vor, die sich mit der Befristung des Unterhaltsanspruches nicht miteinander verheirateter Elternteile befassen.
Derzeit sieht die gesetzliche Regelung vor, dass der nichteheliche Elternteil einen Anspruch auf Zahlung von Betreuungsunterhalt nach § 1615 l Abs. 2/3 BGB grundsätzlich nur 3 Jahre ab der Geburt des Kindes erhält.

Nach Auffassung u.a. des Oberlandesgerichts Hamm verstößt die grundsätzliche zeitliche Befristung des Anspruchs gegen das Grundgesetz. Nach Artikel 6 Abs. 5 Grundgesetz habe der Gesetzgeber für nichteheliche Kinder die der Gesetzgeber für nichteheliche Kinder die gleichen Bedingungen zu schaffen wie für eheliche Kinder.

Dem widerspreche es, wenn einem nichtehelichen Kind grundsätzlich ab einem Alter von 3 Jahren Fremdbetreuung zugemutet wird, während bei ehelichen Kindern mindestens bis zum Alter von 8 – 10 Jahren Betreuungsunterhalt gezahlt wird.

Auch die Vorschrift, wonach bei grober Unbilligkeit von der Befristung auf 3 Jahre abgesehen werden könne, ermögliche keine verfassungskonforme Auslegung der Norm.

Das Bundesverfassungsgericht wird sich nun mit dieser Frage auseinandersetzen müssen.

Tipp:
In allen laufenden Prozessen sollte daher unbedingt auf eine Verzögerung und ggf. Aussetzung unter Hinweis auf das schwebende Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht hingewirkt werden.

Mit einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist voraussichtlich im Dezember 2004 zu rechnen.


Claudia Seidl
Fachanwältin für Familienrecht


Information zur Lohnsteuerklasse 2

Lohnsteuerklasse 2 gilt für Alleinerziehende, wenn bei ihnen der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende zu be-rücksichtigen ist. Entfallen jedoch die Voraussetzungen während des Kalenderjahres muss die Arbeitnehmerin die Lohnsteuerkarte bei der Gemeinde ändern lassen.

Wichtig:
Wurde in 2003 der Haushaltsfreibetrag gewährt, ist auf der Lohnsteuerkarte 2004 die Lohnsteuerklasse 2 eingetragen. Werden jedoch die schärferen Voraussetzungen des Entlastungsbetrages für Alleinerziehende nicht erfüllt, muss die Arbeitnehmerin die Lohnsteuerklasse ändern lassen.

Schriftliche Versicherung gegenüber der Gemeinde:
Jede Arbeitnehmerin mit der Lohnsteuerklasse 2 muss bis zum 19. September 2004 erklären, dass sie die Voraussetzungen des Entlastungsbetrags erfüllt und ihr bekannt ist, dass ein Wegfall meldepflichtig ist.

Was passiert, wenn die Versicherung nicht abgegeben wird?
Die Gemeinde meldet diese Arbeitnehmerinnen dem Wohnsitzfinanzamt. Sie wird für 2004 zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung aufgefordert.
Für 2005 wird eine Lohnsteuerkarte mit Lohnsteuerklasse 1 ausgestellt.

Entlastungsbetrag für Alleinerziehende
beträgt jährlich 1.308 € und wird ab 2004 gewährt. Dafür entfällt ab 2004 der bisher gewährte Haushaltsfreibetrag.

Voraussetzungen

  • alleinstehend
  • minderjähriges Kind und
  • Haushaltsgemeinschaft

alleinstehend

  • Zusammenveranlagung nicht möglich,
  • keine eheähnliche Lebensgemeinschaft,
  • keine Haushaltsgemeinschaft mit voll-jährigen Kindern, für die kein Anspruch auf Kindergeld oder Kinderfreibetrag besteht.

In der Wohnung der Alleinerziehenden darf keine weitere erwachsene Person mit Haupt- oder Nebenwohnsitz gemeldet sein. Bei polizeilicher Meldung besteht eine widerlegbare Vermutung, dass eine Haushaltsgemeinschaft besteht.

Haushaltsgemeinschaft
Alleinerziehende und minderjähriges Kind müssen mit Hauptwohnsitz in der gemeinsamen Wohnung gemeldet sein.

Zwölftelung
wenn die Voraussetzungen nicht ganzjährig vorliegen.

Beispiel
Die geschiedene Maria hat 2 Kinder, mit denen sie eine Haushaltsgemeinschaft bildet: Julia, 15 Jahre und Felix, 19 Jahre.
Für Felix entfällt ab 01. August 2004 der Anspruch auf Kindergeld.
Maria lebt ab August mit einer erwachsenen Person, für die sie keinen Anspruch auf Kindergeld beziehungsweise Kinderfreibetrag hat, in Haushaltsgemeinschaft.
Maria erhält daher den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende nur bis Juli 2004 mit 7/12 von 1.308 € = 763 €. Ab 01. August 2004 entfällt die Voraussetzung für die Lohnsteuerklasse 2.


Margit Zollbrecht-Endres
Steuerberaterin


Der erworbene Ehename ist dem Geburtsnamen gleichgestellt und darf als künftiger Ehename von beiden Ehegatten gewählt werden

Bundesverfassungsgerichtsentscheidung vom 18.02.2004; Gesetzentwurf zur Änderung des Ehe- und Lebenspartnerschaftsnamensrechtes vom 28.07.2004

Das Problem:
Wollen Ehepartner bei Heirat einen gemeinsamen Namen zum künftigen Ehenamen wählen, konnten sie bisher nur den Geburtsnamen der Frau oder des Mannes bestimmen, § 1355 II BGB. Nicht möglich war, den Namen, der durch eine frühere Eheschließung erworben war, zu wählen.

Die Entscheidung:
Das Bundesverfassungsgericht hatte darüber zu entscheiden, ob die Einschränkung, dass der durch frühere Eheschließung erworbene Familienname, den einer von beiden bei Heirat führt, nicht zum Ehenamen bestimmt werden kann, verfassungsgemäß ist.

Das Bundesverfassungsgericht erklärte eindeutig, dass neben dem Vornamen auch der Familienname eines Menschen durch Art. 2 I i. V. m. Art. 1 I GG vor Entzug oder auferlegter Änderung geschützt ist. Das geltende Ehenamensrecht trägt dem nicht in hinreichendem Maße Rechnung.

Das Interesse des geschiedenen früheren Ehepartners, bzw. der Hinterbliebenen des frühren Ehegatten rechtfertigt die gegenwärtige Gesetzeslage nicht. Die weiter angeführte Gefahr des Missbrauchs bei „schönen“ Namen oder Adelsnamen sei nicht erkennbar, denn keiner habe ein Recht auf Namensexklusivität. Zu berücksichtigen sei schließlich auch, dass die Regelung vorwiegend Frauen betreffe.

Bis 1976 war der Name des Mannes automatisch Ehename geworden. Bis 1992 wurde er Ehename, wenn sich die Partner nicht einigen konnten. Bis heute ist es rechtstatsächlich so, dass in der weit überwiegenden Mehrzahl der Fälle der Name des Mannes zum Ehenamen bestimmt wird. Die geltende Regelung verfestigt damit Vorstellungen, die der verfassungsrechtlich vorgegebenen Gleichberechtigung nicht gerecht würden. Betroffen von dieser Regelung sind immerhin 36 % der westdeutschen und 41 % der ostdeutschen Eheschließungen als sog. Zweitehen.

Das Bundesverfassungsgericht hat nun dem Gesetzgeber aufgegeben, eine Überleitungsregelung hinsichtlich der früher geschlossenen Ehen zu finden, die den Ehegatten für die Zukunft die Führung des gewünschten Namens ermöglicht.

Die Bundesregierung hat am 28.07.2004 bereits einen Gesetzentwurf beschlossen. Der Deutsche Juristinnenbund hat eine Stellungnahme zur Entscheidung des Gerichtes abgegeben, die zitiert wurde und auf die wesentlichen Punkte der Verletzung des Persönlichkeitsrechtes und die mittelbare Diskriminierung von Frauen durch die bisherige gesetzliche Regelung hingewiesen.


Eheverträge sind bei gravierender Benachteiligung unwirksam

Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs vom 11.02.2004

Der Bundesgerichtshof hat in seiner Grundsatzentscheidung vom 11. Februar 2004 zur Wirksamkeit von Eheverträgen die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aufgegriffen und folgendes festgestellt:

Notarielle Eheverträge sind nur dann unwirksam, wenn ein Ehepartner dadurch nach der Scheidung gravierend benachteiligt wird. Er erklärte es grundsätzlich für zulässig, dass bei der Eheschließung ein gegenseitiger Verzicht zum Beispiel auf nachehelichen Unterhalt oder Zugewinnsaugleich vertraglich festgelegt wird.

Wenngleich der Bundesgerichtshof damit in seiner Entscheidung den Grundsatz der Vertragsfreiheit betonte, hat er zugleich einen Kernbereich festgelegt, der unantastbar bleiben soll. Dazu zählt der Bundesgerichtshof insbesondere Unterhaltsansprüche eines Ehegatten wegen Kinderbetreuung, sowie Alters- und Krankheitsunterhalt. Hingegen unterliegt die Wahl des Güterstandes, somit z. B. die Vereinbarung einer Gütertrennung bei gleichzeitigem Ausschluss eines Zugewinnausgleichs für sich genommen, keiner Beschränkung.

Der Bundesgerichtshof greift damit die Vorgaben der Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2001 auf.

Wie in unserem Programmheft vom Mai - August 2001 berichtet, hatte das Bundesverfassungsgericht in seiner Grundsatzentscheidung aus dem Jahre 2001 festgelegt, dass Eheverträge grundsätzlich genauer zu überprüfen sind und hat dabei Maßstäbe für eine richterliche Inhaltskontrolle aufgestellt.

Zum Sachverhalt:
Anders als bei den Aufsehen erregenden Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2001, bei denen es jeweils um Vertragsschlüsse von schwangeren Ehefrauen ging, lag dem jetzigen Urteil ein völlig anderer Sachverhalt zugrunde: die Beurteilung der Wirksamkeit eines Ehevertrages, der zwischen einem sehr gut verdienenden Unternehmensberater und seiner Ehefrau geschlossen worden war.
Das Oberlandesgericht München hatte den Vertrag für unwirksam erklärt, da die Parteien in diesem Vertrag gegenseitig auf nachehelichen Unterhalt verzichtet hatten, mit Ausnahme des Anspruches der Ehefrau während der Betreuung von Kindern. Außerdem wurde Gütertrennung vereinbart und vorsorglich auf einen Zugewinnausgleich verzichtet. Auch der Versorgungsausgleich d.h. der Ausgleich der Rentenanwartschaften, wurde ausgeschlossen.
Dieser Vertrag wurde zwischen den Parteien geschlossen, nachdem sie bereits einige Jahre verheiratet waren und ein gemeinsames Kind hatten. Es folgte in Fortsetzung der Ehe - nach Abschluss des Ehevertrages - die Geburt eines zweiten Kindes.

Das Oberlandesgericht München hatte diesen Vertrag, der die Rechte der Ehefrau im Ergebnis stark einschränkte, für unwirksam erklärt und ihr einen Gesamtunterhalt von etwa 3.800,00 € zugesprochen, trotz der vertraglichen Einschränkung, sowie eine Beteiligung an dem Vermögen des Ehemannes.

Zur Entscheidung:
Der Bundesgerichtshof hob diese Entscheidung des Oberlandesgerichts München, die tief in die Gestaltungsfreiheit von Eheleuten bei Eheverträgen eingegriffen hatte, mit seiner jetzigen Grundsatzentscheidung auf. Er betonte grundsätzlich die Freiheit der Eheleute, die wirtschaftlichen Folgen von Trennung und Scheidung weiterhin vertraglich ihren individuellen Vorstellungen entsprechend regeln und damit auch gesetzliche Rechte ausschließen zu können.
Wesentliche Aussage der Entscheidung ist, dass die Eheschließungsfreiheit nicht rechtfertige, dass man gesetzliche Ansprüche abkauft, jedenfalls nicht aus dem „Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts“. Der Schutzzweck der gesetzlichen Regelungen darf nicht beliebig unterlaufen werden. Die Grenze gemäß der Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts wird dort zu ziehen sein, wo es sich um eine evident einseitige Lastenverteilung handelt, die bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar erscheint.
Das Gericht geht bei der Überprüfung von Verträgen grundsätzlich von einer zweistufigen Prüfung aus. Es hat festzustellen, ob der „Kernbereich“ des Scheidungsfolgenrechts derart betroffen ist, dass der Vertrag als sittenwidrig und damit als unwirksam anzusehen ist. Andernfalls ist zu überprüfen, ob lediglich eine sogenannte Ausübungskontrolle vorzunehmen ist. Dies führt letztlich nicht zu einer völligen Aufhebung, sondern zu einer Anpassung des Vertrages.
Im Rahmen der zweistufigen Prüfung unterscheidet das Gericht zwei Schritte.

Zum Kernbereich gehören nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

  • Unterhalt wegen Kindesbetreuung
  • in zweiter Linie Alters- und Krankenunterhalt eines Ehegatten
  • der Versorgungsausgleich.

Der Zugewinnausgleich und damit die Wahl des Güterstandes unterliegt keiner Beschränkung.

Resümee:
Nachdem es sich um eine Grundsatzentscheidung handelt, bleiben damit natürlich auch noch viele Fragen offen. Was dies für die zukünftige Beurteilung der Wirksamkeit von Eheverträgen in der Praxis im Detail bedeutet, lässt sich derzeit nicht abschließend feststellen.

Unser Tipp:
Wir empfehlen allen Frauen, die Eheverträge und/oder Scheidungsvereinbarungen geschlossen haben, diese überprüfen zu lassen.


Dr. Vanessa Hohenbleicher
Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht